Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

418 Inneres 1428—1485. 
entlassen haben: „Ihr Herren von Buttstädt, ziehet hin mit 
euerm Bericht, Gott behüte mich vor euerm Gerichte.“ 1) 
Die tiefreligiösen Anschanungen des früheren Mittelalters 
von Entsagung der Welt und Verachtung irdischen Besitzes 
waren während des 15. Jahrhunderts einer allgemeinen Sucht 
nach dem Genusse dieses Lebens und aller Erdengüter gewichen. 
Dazu kam, daß der lange Hussitenkrieg Zuchtlosigkeit und 
Sittenverderbniß sehr gesteigert hatte, besonders in den Städten, 
wohin sich vieles Volk und der Landesreichthum zusammen- 
drängte. Die Lands= und Kriegs-Knechte, die, des Raubens 
und Plünderns gewohnter als der Arbeit, zu friedlicher Be- 
schäftigung nicht zurückkehren mochten, die von Land zu Lande 
zogen, um ihren Arm zu vermiethen (fechten gingen, ein Aus- 
druck, der später den Handwerksburschen beigelegt wurde), das 
schnell Gewonnene in Dorf und Stadt schnell und schamlos 
wiederum verschwelgten; die öffentlichen Frauen= oder Muhmen- 
Häuser, in welche nur Fremde, Bürger und ihre Söhne aber 
nicht gehen sollten, selbst die Leichtigkeit des Ablasses, die Bürger- 
gilden und Zünfte und die Schützengesellschaften, wegen so 
vieler Zusammenkünfte und Feierlichkeiten, die sie hatten, die 
Menge der arbeitsfreien Feiertage, die Kalandsbrüderschaften, 
die an den Kalenden des Monats zusammenkamen und ge- 
wöhnlich große Schmäuse hielten, die Art der Kleidung und 
die Sitte stets den Degen zu tragen, das Fanstrechtsleben selbst, 
Alles dies konnte der überhandnehmenden Verderbniß alter 
guter Sitte nur Vorschub leisten. An die Stelle der alten 
Einfachheit eines Volkes, das sich an dem Ertrage seines Bodens 
genügen ließ, waren Luxus und Verständniß für feineren Lebens- 
genuß getreten. Daher die vielen sittenpolizeilichen Verordnun- 
gen, durch welche man dem Unwesen zu steuern suchte. Schon 
Friedrich der Sauftmüthige verbot den dresdener Schuhmachern, 
Spitzenschuhe mit Schnäbeln zu fertigen. Besonders Wilhelms 
Landesordnung von 1446 enthielt verschiedene Polizeivorschriften 
über Sonntagsfeier, Aufwand bei Hochzeit= und Tauf-Essen, 
Kleidergesetze und Ahnliches. Bald darauf durchzog der be- 
1) Müllers Sichs. Annalen zu 1470, S. 40.
	        
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