Leipziger Disputation. v. Miltitz. Bannbulle. 457
dem Vorwande eines durch den Erzbischof von Trier zu fällen-
den Schiedsspruches aus dem sicheren Bereiche des kursächsischen
Landes hinwegzulocken, scheiterte an des Kurfürsten Erklärung:
auf den nächsten Reichstag werde er Luthern mit sich bringen.
Während nun Eck voll Ingrimms im Anfange des Jahres
1520 nach Rom ging und dort die Bannbulle gegen Luther
auswirkte (vollzogen am 15. Juni), mühete sich Miltitz, den
Schrecken, den sie bringen sollte, durch fricdliche und versöhn-
liche Phrasen desto wirksamer zu machen. Auf seinen Wunsch
unterzog sich der Angustinerorden durch Staupitz, der eben
seine Würde als Provinzial niedergelegt hatte, und dessen Nach-
folger Wenzel Link einem Vermittlungsversuche; er selbst brachte
Luthern auf einer Zusammenkunft zu Lichtenberg unter Be-
theuerungen, daß dann „Ecken und seinem Anhang dermaßen
begegnet werden würde, daß sie es nicht gedacht hätten“, zu
dem Versprechen, binnen 12 Tagen dem heiligen Vater eine
Schrift mit einem demüthigen Schreiben zu dediciren, welches
er, damit es nicht durch die inzwischen publicirte Bulle abge-
drungen erscheine, auf den 6. September zurückdatiren solle.
Solche Nachgiebigkeit in dem Angenblicke, wo die Veröffent-
lichung der Bulle bevorstand, würde, so hoffte er, Luther im
Lichte der Schwäche und Furchtsamkeit erscheinen lassen. Luther
löste sein Wort durch die dem Tractatus de libertate Christiana
vorgedruckte Epistola Lutheriana ad Leonem S. P. Ja
Miltitz versicherte noch dem Kurfürsten, es werde überhaupt
keine Bulie gegen Luther erlassen werden 1), als bereits Eck
triumphirend mit der auch durch ihre Riesenperioden sich furcht-
bar ankündigenden Bulle Exsurge domine in Deutschland er-
schienen war, welche 41 Sätze aus Authers Schriften ver-
dammte, die letzteren öffentlich zu verbrennen befahl und Luthern
selbst in 60 Tagen spätestens seinen Widerruf nach Rom zu
schicken oder, was besser sei, unter feierlich versprochenem Ge-
leite selbst zu bringen gebot ). Aber sie fand den Gegner,
1) über diese Verhandlungen s. Droysen in Zeitschr. d. V. für
thür. Gesch. I, 1854.
2) Die Bulle aus dem Original abgedruckt in Sattlers Geschichte
des Herzogthums Wirtemberg unter den Herzögen (Ulm 1770, 40) II,
216—226. Hierher gehört besonders S. 220.