Luthers Rlckllehr von der Wartburg. 467
genügen: „Im Schweiß deines Angesichts sollst du dein Brot
essen.“ Das radical volksmäßige und das uhstische Element
gingen in dieser Bewegung Hand in Hand einem Ziele zu, das
nur in Auflösung aller bestehenden Ordnung bestehen konnte.
Der Kurfürst wie alle Besonnenen war schwer betroffen, aber
seine natürliche Unentschlossenheit, seine Friedfertigkeit machten
ihn nicht geeignet, dem Weitergreifen der Schwärmerei einen
Damm zu ziehen. Rath und Universität bestürmten ihn mit
Klagen, der junge Melauchthon, Amsdorf waren voll Angst.
Schon machten diese Bewegungen auch auswärts das stärkste Auf-
sehen. Voll Erbitterung über die Gewaltthätigkeiten, über die An-
griffe der Presse und darüber, daß evangelische Prädikanten selbst
auf albertinischem Gebiete gepredigt hatten, beantragte Herzog
Georg bei seinen Vettern gemeinschaftliche Maßregeln gegen die
Neuerer und da er damit nicht durchdrang, erwirkte er vom
Reichsregiment zu Nürnberg Januar 1522 ein Mandat an die
Bischöfe Adolf von Merseburg und Johann VII. (v. Schleinitz)
von Meißen, gegen die kirchlichen Neuerungen einzuschreiten, ver-
ordnete in seinem Lande strengste Untersuchungen gegen die
Veränderer der Messe, ausgetretenen Mönche und verheirateten
Priester und berief seine in Wittenberg studirenden Unterthanen
zurück.
In solcher Verwirrung, die der guten Sache der Reformation
höchst nachtheilig zu werden drohte und von deren Verbreitung
sich schon Spuren in Schmiedeberg, Eilenburg und selbst in
Lochau zeigten, waren die Augen ihrer Freunde nur auf Luther
gerichtet, als auf den Einzigen, der diesen Geist beschwören
könne. Aber durfte man ihn ohne Gefahr von seiner Burg
entlassen? Doch er entließ sich selbst den 3. März 1522 (wie
er schon im November 1521 insgeheim auf einige Tage in
Wittenberg gewesen war). Er rechtfertigte sich von Borna
aus gegen seinen Beschützer in einem Briefe, der in aller seiner
Heftigkeit und Derbheit doch eben zeigte, Luther sei der Einzige,
der hier rathen und helfen könne. „Er wollte doch nach
Leipzig hinein, und wenn es 9 Tage eitel Herzog George
regnete, der Christum für einen Mann aus Stroh geflochten
halte“; er komme in einem viel höheren Schutze als dem des
30“
1522