Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

468 Fortgang der Reformation. 
Kurfürsten, von dem er gar nicht beschützt sein, den er selbst 
vielmehr erst schützen wolle. „Denn“, schrieb er weiter, „wer 
am meisten glaubt, wird hier am meisten schützen. Dieweil ich 
denn nun spüre, daß E. Kurf. G. noch gar schwach ist im 
Glauben, kann ich auf keinerlei Weise E. Kurf. G. für den 
Mann ansehen, der mich schützen und retten kann“ u. s. w. 
Die Ankunft Luthers in Wittenberg, 6. März, und die sogleich 
acht Tage hintereinander gehaltenen Predigten wirkten Wunder. 
Sie waren so kräftig eindringend, so mit aller Kunst der 
populären Beredsamkeit und doch mit solcher Schonung der 
einzelnen Verirrten gehalten, daß Keiner durch Beschämung zu 
Argerem getrieben, die Masse beruhigt, Karlstadt zum Schweigen 
gebracht und in kurzer Zeit die äußere Ruhe wiederhergestellt 
wurde. 
Während so Luther durch seine populäre Beredsamkeit 
einen Sieg erkämpfte, gewann sein milder Freund, Philipp 
Melanchthon, keinen geringern durch seine Gelehrsamkeit. Aus 
seinen Vorlesungen über Pauli Brief an die Römer, welche 
die vom Apostel in diesem Briefe gegebenen Hauptlehren in 
systematischer Ordnung zusammenstellten, entstanden die (fast 
gegen Melanchthons Willen) 1521 herausgegebenen Loci com- 
munes, das erste theologische Lehrbuch des evangelischen Lehr- 
begriffs von seltener Gelehrsamkeit, Klarheit und Bestimmt- 
heit ). Zwei Bücher, wie Luthers libersetzung des Neuen 
Testaments und Melauchthons Loci in Einem Jahre, mußten 
die Reformation verewigen. Und als würdige Gehilfen standen 
den beiden großen Männern der ebenso fromme und gelehrte 
als einflußreiche Spalatin, ferner Justus Jonas, Amsdorf und 
Bugenhagen (Pommeranus) zur Seite. Eine große Zahl um 
des Glaubens willen Vertriebener aus allen Theilen Deutsch- 
lands nahmen nach Wittenberg ihre Zuflucht, fanden hier gast- 
liche. Aunfnahme und in dem Umgange mit den großen Lehrern 
neue Kraft und Freudigkeit, das Evangelium weiter zu tragen. 
1) Luther neunt es selbst librum invictum, non solum immortalitato 
sed et canone ecclesiastico dignum. Wie viele Freunde gewann dies 
Buch sich selbst und der Reformation, wie schrieeu aber auch die Emser, 
die Cochläus u. A.!
	        
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