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470 Fortgang der Reformatlon.
rein unmöglich sei. Überall zeigten sich die Geistlichen der
neuen Lehre an Gelehrsamkeit und Moralität den bischöflichen
Officialen überlegen. Es ergab sich zugleich, daß bei der
mannichfachen Durchkrenzung der Grenzen das Eindringen der
evangessschen Lehre auch in das albertinische Sachsen sich nicht
verhüten ließ 1). Dagegen erwies sich auch die Heiligsprechung
des Bischofs Benno von Meißen ohnmächtig, behufs welcher
Hieronymus Emser, der eifrige Humanist und Freund Huttens
von ehedem, aber seit der leipziger Disputation in einen der
heftigsten Gegner Luthers verwandelt, eine Biographie Bennos
verfaßte, und welche am 31. Mai 1523 durch Adrian VI.
erfolgte, worauf 1524 die feierliche Erhebung der Gebeine des
neuen Heiligen geschah, die Luthern zu seiner Schrift „Wider
den neuen Abgott und alten Teufel, der zu Meißen soll er-
hoben werden“ veranlaßte. Währenddessen wurde die Refor-
mation in Kursachsen fortgesetzt und Friedrich oft der Ver-
legenheit überhoben beizubehalten oder einzuschreiten, da Luther
selbst den Obrigkeiten rieth, nicht erst unnützerweise beim Hofe
anzufragen. Nebenbei arbeitete Luther mit eisernem Fleiße
und unbeschreiblicher Gewissenhaftigkeit an der Übersetzung des
Alten Testaments, die bis zum Jahre 1532 vollendet wurde
und zumal bei den wenigen Hilfsmitteln damaliger Zeit (von
Gelehrten wurden Cruciger, Bugenhagen, Jonas, Melanchthon
dabei zu Rathe gezogen) ein Meisterstück zu neunen ist.
Je kräftiger aber die Reformation sich weiter entwickelte,
desto mehr verflocht sie sich mit den politischen Verhältnissen,
desto näher rückte sie auch dem Punkte, wo sie mit den be-
stehenden weltlichen Gewalten ebenso, wie es mit den kirchlichen
bereits geschehen, unansweichlich zusammenstoßen und in Kampf
gerathen mußte. Noch verging zwar geraume Zeit, bis das
Schwert um des Glaubens willen gezogen wurde, aber be-
gonnen hatte dieser Kampf bereits mit dem wormser Edicte.
1) Trotzdem hat sich das Evangelium in Sachsen nicht mit derselben
Energie Bahn gebrochen wie in manchen anderen Theilen des Neichs und
namentlich in Franken. „Uberall“, schreibt Luther an Spalatin (März
1523), „Ist das Wort Gottes mächtiger als bei unsern Nachbarn und
selbst als bei uns.“ Hagen a. a. O. II, 346.