Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

Thomas Münzer. 45 
bringen müsse, aber auch durch Münzers Angriffe gegen seine 
Person gereizt, seine Fürsten auf, einzuschreiten, Herzog Georg 
forderte Münzers Auslieferung, da er seine Unterthauen zur 
Empörung verleite; derselbe wurde nach Weimar geladen, in 
Gegenwart der Fürsten von den Theologen verhört, darauf 
des Landes verwiesen. Er begab sich nach Mühlhausen, wo 
ein ausgetretener Mönch, Pfeiffer mit Namen, durch seine 
Predigt des Evangeliums großen Anhang unter dem gemeinen 
Volke gefunden und die Abstellung von Mißbräuchen und 
Reform des Stadtregiments erzwungen hatte, da der Rath 
voll Argwohn, daß Herzog Johann selbst den Zwiespalt zwischen 
Geschlechtern und Bürgerschaft begünstige, um ihn zum Vortheil 
seines Einflusses auszubenten, trotz des alten Schutzbündnisses 
sich scheute, die sächsische Hilfe anzurufen. Aber auch ohne die- 
selbe gewann die städtische Aristokratie noch einmal die Ober- 
hand, worauf Münzer sammt Pfeiffer im September 1524 
auch von hier vertrieben wurde. Das gleiche Schicksal traf 
Karlstadt, der 1524 von Wittenberg nach Orlamünde gegangen 
war, sich hier auf Kosten des schon vorhandenen zum Prediger 
der Gemeinde hatte wählen lassen, die alte Bilderstürmerei 
hier fortsetzte und die Aufforderung der Universität zurückzu- 
kommen und seiner Professur zu warten nicht achtete. Nicht 
ohne Leidenschaftlichkeit trat Luther gegen diesen seinen ehe- 
maligen Freund und Gefährten auf. Vergeblich machte Karl- 
stadt geltend, daß er mit dem Allstädter Bunde nichts gemein 
habe; unduldsam gegen jede Abweichung, weil von der Untrüg- 
lichkeit seines cigenen Glanbens erfüllt, predigte Luther in Jena 
gegen ihn und bestimmte den Kurfürsten, Karlstadt und dessen 
Anhänger, Martin Reinhard und Dr. Gerhard Westerburg in 
Jena, des Landes zu verweisen. Erst später erwirkte Luther 
selbst Karlstadts Wiederaufnahme in Sachsen (in Kemberg bei 
Wittenberg), bis er sich um 1528 ganz in die Schweiz wendete 
und endlich nach 1541 als Professor der Theologie zu Basel 
starb. 
So aus Sachsen vertrieben gingen Münzer und Karlstadt 
nach Franken und Schwaben; sie erkannten sehr richtig, daß 
hier für ihre Tendenzen ein empfänglicherer Boden sei als dort.
	        
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