Reichstag zu Speier 1526. Landeskirchen. 487
welche die Verbündeten auf dem neuen Reichstage zu Speier
zeigten, und welche auch anderen noch nicht Beigetretenen Muth
gab und endlich (27. August 1526) den für sie so vortheil-
haften Schluß herbeiführte: daß bis zu einem freien allgemeinen
oder National-Concilium jeder Reichsstand sich in Beziehung
auf das Edict von Worms verhalten solle, wie er es gegen
Gott und den Kaiser zu verantworten sich getraue. Die Ver-
bündeten hatten, um sich des evangelischen Namens würdig zu
beweisen, ihre Prediger mitgenommen und, da ihnen eine Kirche
verweigert wurde, wenigstens in ihren Herbergen Gottesdienst
halten lassen, auch für ihr Gefolge Ordnungen wegen des
Über= und Zutrinkens und der Unzucht erlassen 1). Des säch-
sischen Kurfürsten hervorragende Stellung fand auch in dem
fürstlichen Aufwande, mit dem er auftrat, ihren Ausdruck.
In directem Gegensatz zu der Tendenz der früheren poli-
tischen Reformversuche wie der Anschauungen des Kaisers über-
wies also der speiersche Reichstagsbeschluß die Ordnung der
kirchlichen Angelegenheiten den Territorialgewalten und entrückte
sie damit zugleich der demokratischen Strömung, der zu ver-
fallen sie das Jahr vorher in Gefahr gestanden hatten. Sonach
bestimmte sich die Weiterentwicklung der Reformation nach den
besonderen in den einzelnen Territorien obwaltenden Verhält-
nissen; es war der Anfang zur Bildung von Laudeskirchen.
In Hessen, unter dem jugendlich-raschen Philipp, ging sie, später
angefangen, weit schneller durch, in Sachsen, der Wiege der-
selben, viel langsamer. Freilich hatten hier auch alle Gegner
derselben immer einen Rückhalt an Georg. Kaum daß man
beim Kapitel zu Wittenberg nur die Aufhebung der Messe, die
doch von Luther längst als Abgötterei und Unterscheidungs-
merkmal des Papstthums bezeichnet worden, hatte durchsetzen
können. Das altenburger Stift rief sogar den Herzog Georg
gegen diese Abschaffung um Hilfe an. Doch war der Bruch
mit der alten Kirchenform nicht mehr aufzuhalten. Gab davon
schon Luthers Verheiratung mit der ehemaligen Noune zu
Nimptschen, Katharina von Bora, 13. Juni 1525, einen un-
1) Aber Luther schreibt: „Spirac comitin sunt, more solito Germanis
comitia cclcbrandi. Totatur ct luditur, practeren nihil.“
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