Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

Herzog Moritz von Sachsen: 585. 
begrissen, waren Herzog Moritz und sein vertrauter Rath# 
Christoph von Carlowitz. Letzterer, ein Mitglied jener Luthern 
so verhaßten Partei des meißnischen Adels, einst des Erasmus 
vertrauter Schüler, scharfblickend und vorsichtig, der religiösen 
Überzeugung nie das Übergewicht einräumend über die Gebote 
der Staatsklugheit, dazu von entschieden kaiserlicher Gesinnung 
und als sein höchstes Ziel die Erhöhung seines Herrn ver- 
folgend, übte damals auf den Herzog den größten Einfluß aus 1). 
Mußte Moritz erkennen, daß die Dinge so wie biöher, wo. alle 
Antorität im Reiche stockte, nicht fortgehen konnten, so mochte 
ihn zugleich die peinliche Lage, in die er durch#den braun- 
schweiger Handel gerathen war, überzeugen, daß er einer ent- 
schiedenen Parteinahme nicht länger ausweichen könne. Damals 
stand wohl sein Entschluß, welcher Seite er sich zuwenden solle, 
noch nicht fest; obgleich aber durch Erziehung und Überzeugung 
aufrichtiger Protestant, besaun er sich doch keinen Augenblick, 
gegen den schmalkaldischen Bund aufzutreten, sobald er sich 
darüber klar geworden war, daß die Erfüllung seiner ehrgeizigen 
Wünsche auf der Seite des Kaisers lag. Jene Vermischung 
der Theologie mit der Politlk, die seinem Vetter, dem Kur- 
fürsten, so verhängnißvoll wurde, lag nicht in seiner Natur. 
Niemand wird ihm und Carlowitz die Anerkennung versagen, 
daß sie mit meisterhafter Geschicklichkeit den schmalen Weg be- 
haupteten, der zwischen dem längst erwachten Mißtrauen der 
Protestanten auf der einen, den gefährlichen Gelüsten des Kaisers 
auf der andern Seite zu ihrem Ziele führte. Schon auf dem 
wormser Reichstage suchte Carlowitz, der zunächst wegen des 
Stifts Merseburg, dessen Administrator Herzog August. war, 
wegen Streitigkeiten mit der Abtissin von Quedlinburg über 
das sächsische Schutzrecht und wegen des Sessionsstreites mit 
Bayern dahin gesandt worden war, Moritz dem Kaiser zu 
nähern; er fand bei Grauvella, der schon seit dem nürnberger 
Reichstage sein Auge auf diesen geworfen hatte, bereitwilliges 
Entgegenkommen. Dies war der Aufang viel verzweigter ge- 
heimer Unterhandlungen, welche durch Carlowitz geleitet wurden. 
Vom frankfurter Tage hinweg, wo er den Verbündeten gegen- 
1) Über ihn s. v. Langenn, Christoph v. Carlowitz (1854).
	        
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