Herzog Georg der Bärtige. 567
Hatte ihm Luthers Lehre bereits, als dieser (25. Juli 1517)
vor ihm in Dresden predigte, mißfallen, weil sie die Leute
ruchlos machen müsse, so nahm er seit der leipziger Disputation
offen gegen ihn Partei. Aber freilich erwies sich das System
der Verfolgung, welches er in seinem Lande gegen die neue
Lehre begann, durchaus unwirksam ihre Verbreitung zu verhindern.
In Zwickan, Annaberg, Schneeberg, Buchholz, wo der Kurfürst
der Bergwerke wegen Mithoheit hatte, griff das Evangclium
am ersten um sich. Die Bergleute liebten Luther schon um
seiner Abkunft willen. Man eilte an Orte, wo lutherisch ge-
predigt wurde, wenn auch der Herzog mit dem schellenberger
Kerker drohte und wohl gar ein freisinniger Prediger plötzlich
unsichtbar wurde. Der Abt von Grünhain, Georg Küttner,
begünstigte, sein Nachfolger Johann bekannte die neue Lehre.
Die auf Georgs Befehl 1522 veranstalte Kirchenvisitation ließ
nur erkennen, welche Verbreitung die neue Lhre gewonnen
hatte, ohne sie zu heinmen. Aber mit der Vergeblichkeit der
Verfolgung steigerte sich deren Hartnäckigkeit. Viele Mdelige
wurden wegen ihrer Anhänglichkeit an Luthers Lehre verwiesen,
so Anton von Schönberg, der doch damals einen Bruder im
Kardinalscollegium hatte. ) Buchhändler, welche ketzerische
Schriften verkauften, wurden mit Kerker bedroht, in Dresden
der Verfasser einer Schmähschrift verurtheilt „Ssein erticht
Schandbuch zu fressen“ und Schänder der Heiligenbilder zum
Thor hinausgepeitscht. Das Gebot, alle Exemplare von Lu-
thers Bibelübersetzung gegen Erstattung des Preises abzuliefern,
brachte im Amte Meißen nur vier Stück ein, die Ubersetzung
des neuen Testaments aber, die der Herzog selbst 1527 durch
Emser herausgeben ließ, um der Welt zu zeigen, daß er nicht,
wie Luther ihm vorwarf, wider das Evangelium und das
Wort Gottes sei, erwies sich, abgesehen von einigen Verschlech-
terungen, als eine Kopie der lutherischen, so daß nnn diese unter
Emsers Namen von Obrigkeitswegen in die Hände der Laien
kam. Auch die albertinischen Klöster leerten sich mit Macht,
1) Hering (Geschichte des sächs. Hochlandes 1, 212. 394 ff.) liesert
schätzbare archivalische Nachrichten über dieses Geschlecht, aber auch sonst
sehr brauchbare Materialen zur erzgebirgischen Resormationsgeschichte.
1517
1622
1527