Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

939 
46 Markgraf Gero. 
Anhalt gegründete Kloster unter Otto II. nach Nienburg an 
der Saale verlegten. Siegfried der Legat ist, wie es scheint, 
von Siegfried, dem Bruder Geros, zu unterscheiden, ohne daß 
jedoch die Möglichkeit einer Iventität Beider völlig geleugnet 
werden kann 1). — An Gero kam nachher noch, vermuthlich 
zwischen 941 und 946, die Grafschaft Thietmars mit Magde- 
burg und später auch der den Slaven abgenommene Gau Mo- 
reziani oder Morestem rechts von der Elbe. 
Wahrscheinlich erfolgte Geros Erhebung zum Nachfolger 
des Legaten Siegfried auf demselben Reichstage zu Magdeburg, 
wo Otto über Eberhard Gericht hielt. Aber in Geros Ham 
gewann Siegfrieds Legation größere Dimensionen in demselben 
Maße, wie der Krieg gegen die Wenden sich weiter ausdehnte. 
Als Otto 939 nach Süddeutschland zog, übertrug er Gero den 
Heerbefehl gegen sämmliche Slaven längs der Saale und Elbe 
bis zum Gebiete Hermann Billings und erneuerte somit für 
ihn eine echte Markgrafschaft im alten Sime des Worts, so 
daß ihm nnn die Greuzgrafen jener Gegenden ständig gehorchten. 
Auf diese Weise erhob sich, nachdem eben erst die Macht der 
Nationalherzoge gebrochen worden war, in diesen Grenzländern 
des Reiches eine neue Auctorität, die ihrem Umfange nach jener 
nicht unähnlich war. An der Spitze der übrigen Grafen und 
Grenzgrafen nahm Gero nun in dem Limes sorabicus eine 
weit mächtigere Stellung ein, als die bloße Legation Siegfrieds 
ihm verleihen konnte. Von Magdeburg aus, das den Haupt- 
stützvunkt des Kriegs gegen die Wenden bildete, wurde unter 
seiner Leitung der erste umfassend und planvoll angelegte Ver- 
such zur Unterwerfung des überelbischen Slavenlandes unter- 
nommen, energisch und erfolgreich, aber auch erbarmungslos 
und ohne Bedenken in der Wahl der Mittel. 
1) Joh. Ludw. Lev. Gebhardi (Geneal. Abhandl. I1747) II, 240) 
und Worbs nehmen Siegfried und Gero unbedingt als Brüder und lassen 
Gero aus einem Harz-Grafengeschlecht abstammen. Genssler im Witte- 
lind unterscheidet die beiden Siegfried, so auch A. v. Wersebe (Be- 
schreibung der Gaue zwischen Elbe, Saale und Unstrut u. s. w., Hanno- 
ver 1829). Am scharfsinnigsten, aber auch am willkürlichsten handelt Über 
Gero v. Leutsch, Markgraf Gero (1828); wesentliche Berichtigungen dazu 
giebt v. Heinemann, Markgraf Gero (Braunschweig 1860), dem obige 
Darstellung folgt.
	        
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