Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

592 Kurfürsi Moritz. 
des Kaisers bedeute. Gestützt auf die Zusage der Stände, das 
Koncil zu Trident unter der Voraussetzung, daß die daselbst 
festgestellten Dogmen „reassumirt“ würden, beschicken zu wollen, 
forderte Karl V. jetzt bestimmt die Zurückverlegung der Ver- 
sammlung nach Trident; auf die Weigerung des Papstes ent- 
schloß er sich ohne den Papst, kraft seiner kaiserlichen Macht- 
vollkommenheit, allein die Einheit der Kirche im Reiche wieder 
herzustellen. So wurde in seinem Auftrag durch den' Bischof 
von Naumburg, Julius Pflug, den Weihbischof von Mainz, 
Michael Heldiug (in partibus Bischof von Sidon, daher Sido- 
nius) und Joachims von Brandenburg Hofprediger Johann 
Agricola das sogenannte Interim voder die Neligionsnorm, 
wie es bis zur endlichen Ausgleichung in Religionssachen ge- 
halten werden solle, ausgearbeitet, das unter Wahrung der 
bierarchischen Grundlage, auf der ja auch das Kaiserthum be- 
ruhte, den Protestanten den Weg zur Wiedervereinigung mit 
der Kirche öffnen solllte. Nicht gegen die Protestanten also, 
sondern gegen den Papst war die Spitze des Interims gekehrt, 
aber aus den Berathungen der drei Theologen ging eine Formel 
hervor, welche außer dem Kelch, der Priesterehe und der still- 
schweigend zugelassenen Säcularisation des Kirchengutes im übri- 
gen nur die Wiederherstellung der alten Kirche enthielt. Allein 
selbst in dieser Gestalt erlangte sie die Zustimmung der alt- 
gläubigen Stände, gegen des Kaisers ursprüngliche Absicht, nur 
unter der Beschränkung, daß sie nicht auch für sie, für das 
ganze Reich, sondern nur für die protestantischen Stände gelten 
solle, und so wurde das Juterim am 15. Mai 1548 vom 
Kaiser publicirt. Es kam unn darauf an durch praktische 
Durchführung desselben die Früchte des gewomenen Sieges in 
Sicherheit zu bringen. 
Vor allem lag dem Kaiser daran, seinen Gefangenen, den 
Kurfürsten Johann Friedrich, von dessen Beispiele er sich den 
größten Eindruck auf die übrigen protestantischen Stände ver- 
sprach, zur Annahme desselben zu bewegen. Aber obgleich der 
fürstliche Märtyrer sehr gut wußte, daß diese die Bedingung 
seiner Freilassung sei, wies er doch die Zumnthung mit einer 
alle Schwantenden und Abgefallenen beschimenden Standhaftig-
	        
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