Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

612 Der passauer Bertrag. 
Was Moritz zur Annahme des so beschränkten Vertrages 
bewog, war wohl nicht bloß sein mißlungener Angriff auf Frank- 
furt, sondern die Erkenntniß, daß er auch so die wichtigsten 
Zugeständnisse für die Nation, für ihn selbst die Sicherstellung 
seiner Erwerbungen enthielt. Verwarf er ihn, so mußte er 
Achtserklärung, Erneuerung des Krieges, den Versuch einer 
Wiederherstellung Johann Friedrichs gewärtigen; schon im Mai 
hatten zwischen Karls Abgesandten Obernbunger und Johaun 
Friedrich geheime darauf abzielende Besprechungen stattgefunden; 
dagegen, indem sich Moritz begnügte, daß factisch zur Geltug 
kam, was er als Reichsgesetz gefordert hatte, mußte sogar Kur- 
sachsen, dem die Beschützung und Aufrechthaltung dieses that- 
sächlichen Zustandes zunächst oblag, noch höhere Bedeutung ge- 
winnen. Nicht mehr bloß die protestantische Partei, sondern 
die Majorität der nach Rechtsschutz verlangenden Neichsstände 
erkannte jetzt Moritz als ihren Führer an, der die neugeschaffene 
Ordunng vertrat, nachdem das alte System der kirchlichen 
Einheit, des universellen Kaiserthums zu Boden gefallen war. 
Was Reichstage, Koncilien, Religionsgespräche, was der weit 
größere schmalkaldische Bund nicht bewirkt, erlangte hier ein 
Fürst, den man bereits als Verräther der guten Sache be- 
trachtet hatte, und wurde so der Gründer der religiösen und 
politischen Freiheit Deutschlands. Aber fast wire schließlich 
noch das ganze Friedenswerk gescheitert, da der Kaiser, sobald 
er durch Zuzug aus Italien verstärkt worden, glühend vor 
Durst nach Nache, sich plötzlich weigerte, den abgedrungenen 
Vertrag zu bestätigen, und nur den Bemühungen Ferdinands, 
der Moritzens Beistand dringend gegen die Türken brauchte, 
war es zu danken, daß er ihn schließlich (15. August) doch noch 
unterzeichnete 1). Er beschloß vorläufig den Einfluß Frankreichs 
auf das Reich zu brechen und unternahm die Belagerung von 
Metz. Auch zu dem Versprechen bewog ihn Ferdinand, daß 
Johann Friedrich nicht eher entlassen werden solle, als bis er 
zu Moritzens Vertrag mit dessen Söhnen seine Bestätigung 
1) Karl V. soll sogar nachher in Flandern förmlich gegen den Ver- 
trag prolestirt haben. Guchur d, Correspondunce do Plilippe II., 
T. L, p. CXC 8#d.
	        
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