Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

Künste. 647 
predigt auf. Wie oft wurde das Ende der Welt vorausgesagt, 
wie es für 1533 der lochauer Pfarrer Stiefel that, den dann 
die Bauern auf Schadloshaltung dringend an Stricken von 
der Kanzel weg nach Wittenberg schleppten. Bei ähnlicher 
Gelegenheit hatte sich der wittenberger Bürgermeister Hendorf 
nebst einem Viertelgebräude Bier auf seinen Oberboden ge- 
flüchtet. Man glaubte am das Umfressen der Todten und stieß 
den Leichen mit dem Spaten den Kopf vom Numpf. Die ge- 
backene Hand eines Ermordeten auf dem Gerichtstisch auf einen 
weißen Bogen Papier gelegt, sollte den Mörder aufzeichnen. 
über das blutende Hirschgeweihe in der leipziger Sandgasse 
wurden viele Gastereien eingestellt. 
Emlich hat man die Reformation eine Feindin der Künste 
gescholten, weil ihr Sinn und Wesen abziehe von dem, was 
die Phautasie und das Gemüth erquickt oder kitzelt. Wenn 
auch Letzteres begründet ist, so hat man doch ihr Unrecht ge- 
thau. Nur der Abgstterei, die mit der Kunst getrieben wurde, 
trat sie streng entgegen, und ein Neuerer mag Recht haben, wenn 
er sagt: die protestantische Neligion ist den Künsten so nach- 
theilig nicht gewesen, als der katholischen Religion die Künste 
nachtheilig gewesen sind ). Waren Dürer und Cranach (oder 
Lucas Müller, auch Sunder genannt, aus Cronach im Bam- 
bergischen gebürtig) nicht Luthers Freunde? Besonders ist der 
Letztere, seines unglücklichen Herrn Johann Friedrich treuer Be- 
glelter, vorher Bürgermeister zu Wittenberg, wie sein Sohn 
nachher zu Weimar, der Vater der neuern sächsischen Malerei 
und des Holzschnittes in Sachsen und hat den Kunstsinn wicherum 
geweckt. Seine Kirchengemälde zeigen, daß sich Kirche und Kunst 
gar wohl vereinigen lassen. Der jüngere Cranach zeichucte sich 
nur im Portraitmalen aus. Dagegen berief Kurfürst Moritz 
zur Verzierung seines vergrößerten Schlosses mit Fresken Ita- 
lieuner, wie die Gebrüder Tola und den Riccini. Die Bild- 
hauerkunst war uoch nicht heimisch. Auch die Bankunst, soweit 
sie nicht dem Kriege diente, bietet nichts Ansgezeichnetes dar. 
In Dresden ließ Georg sein Schloß unter Hans von Dehn- 
1) Henke in seiner Übersetzung v. W. Roscoe, Leo X. (1805) 
III, 240 Note.
	        
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