Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

652 Inneres 1585 — 1553. 
bleiben, weil die Fürsten selbst in diesen Stücken mit dem 
übelsten Beispiele vorangingen 1), und gerade darum ist das 
zute Beispiel, welches das sittenstrenge, enthaltsame Familien- 
leben der protestantischen Geistlichkeit gab, doppelt hoch anzu- 
schlagen. 
Der Jaßdlust fröhnten die sächsischen Fürsten schon damals 
oft bis zum Üübermaß; Mummereien, Gesellenstechen und Rennen 
durften bei ihren Festlichkeiten nicht fehlen. Den Bürger er 
götzten seine Schießübungen) sein Tanz, sein Biergelag. Die 
geistlichen Komödien und Mummereien spielten oft bis vor den 
Kirchenaltar. Eines Feuerwerkes wird zu Dresden schon 1538 
gedacht. 
Bei allem dem, was unerfreulich in dem vorstehenden 
Kulturgemälde erscheinen mag, übersehe man jedoch nicht, daß 
jene Zeit auch für Sachsen das letzte Ningen des endlich 
unterliegenden Mittelalters mit dem mächtigen Geiste einer 
neuen Zeit war; beherzige nochmals, daß die moralischen 
Folgen der Reformation alter Sitte und Unsitte gegenüber 
nicht die schnellsten sein konnten; denke an die großen Kata- 
strophen, die den innern Organismus des Landes gewaltig 
veränderten, und vergesse endlich auch die jungen Keime des 
Bessern nicht, welche schon über der Erde sichtbar sind und 
nur den milden Sonnenschein des Friedens und die verständig 
nachhelfende Hand des Gärtners brauchen. Und wo das Gute 
wirklich redlich erstrebt wird, greift mächtiger als Alles auch 
die große Hand aus den Wolken mit an. Sie gab dreißig- 
1) Selbst Moritz und Johann Friedrich waren von dieser Unsitte 
nicht frei. Als jener 1545 seinen Vetter auf dem Schelleuberge bewirthete, 
wurde als Revanche für das große „Gesäuse“ bei Moritzens Besuch in 
Torgau und Schweinitz ein so „überschwänglich großes Saufen“ gebalten, 
daß Moritz in Folge davon erkrankte, Georg von Mausfeld dem Tode 
nahe kam, ein Herr von Schönberg aber, den man „zu Boden gesossen“, 
wirklich starb. — Bei Herzog Georgs Hochzeit 1496 wurden innerhald 
6 Tagen 99 Lägel süßen Weins, 1300 Eimer andern Weins und 444 
Faß Bier ausgelrunken.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.