Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Schulen und Universitäten. 89 
vortragen solle. Wic wohlthätig aber auch diese Maßregeln an 
sich waren, so vermochten sie doch nicht die nachtheiligen Rück- 
wirkungen aufzuwiegen, welche die theologischen Streitigkeiten 
auf den Flor der Universität ausübten; mit dem Sturze der 
Pbilippisten, dem Siege der protestantischen Scholastik hörte 
Wittenberg auf an der Spitze der theologischen Wissenschaft zu 
stehen; bittere Streitsucht trat an die Stelle glaubensvoller 
Vertiefung 1), die Zahl der Studirenden sank auf die Hälfte. 
Die wichtigste Neuerung an beiden Hochschulen war 1557 die 
Verwandlung der walzenden Lectionen in stehende. In Leipzig 
wurde die Zahl der Professoren (die Professuren alter Stif- 
tung) auf 23 bestimmt. Letzteres mit seiner mittelalterlichen 
Verfassung lag an der Auflösung der alten klösterlichen Ord- 
nung, an den Wehen des libergangs aus dem alten in den 
neuen Zustand darnieder, so daß v. Osse sie als arme, be- 
trübte, fast gefallene Universität schildert 2), und auch die von 
Moritz begonnenen, von August fortgesetzten Reformen waren 
nicht im Stande, sie der Erstarrung zu entreißen, der sie für 
einen langen Zeitraum verfiel. Überhaupt aber war es nicht 
ossener Sinn für die Wisseuschaft an sich, nicht jene weihevolle 
aus humanistischen Ideen erwachsene Ehrfurcht Friedrichs des 
Weisen vor ihrer Würde, was August bescelte, er achtete — 
und damit stand er ganz in den Anschauungen seines Zeitalters, 
welches den von Luther und Melanchthon betretenen Weg 
classischer Bildung wicder verlassen hatte — die Wissenschaften 
nur um des praktischen Vortheils willen, den sie gewährten 
oder versprachen. Am meisten erfreuten sich daher die unmittel- 
bar auf Staat und Leben anwendbaren Disciplinen seiner Gunst, 
außer der Jurisprudenz namentlich die exacten Wissenschaften, 
denen sich damals, freilich umhüllt von Aberglauben und 
Wunderlichkeiten aller Art, die allgemeine Neigung zuwendete. 
1) Ein Beispicl von der Rohheil disputirender Thcologen zu Wittenberg 
(im Jahre 1581) siche bei Tholuck, Das akadem. Leben des 17. Jahr 
hunderts 1 (1853), S. 2s4. 
2) v. Langenn, M. v. Osse, S. 184. Die Universitätsordnung 
von 1580 im Cod. Aug. 1, 715; die Schnlordnung ebendas. I, 543.
	        
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