116 Kurfürst Christian II.
Politik; der Eifersucht gegen Kurpfalz und bald auch gegen
Brandenburg opferte es die großen Interessen des Protestantis-
mus; es stand Osterreich getreulich zur Seite in dem Be-
streben, jene niederzuhalten, dieses nicht aufkommen zu lassen.
In solcher Lage befand sich Sachsen, als der verhäugniß-
volle jülich -clevesche Erbstreit zum Ausbruch kam; es war da-
her leicht vorauszusehen, welchen Ansgang derselbe mit Bezug
auf Sachsen nehmen würde. Durch den voraussichtlich kinder-
losen Tod des blödsinnigen Herzogs Johann Wilhelm stand
die Erledigung der drei Herzogthümer Jülich, Cleve und Berg,
der beiden Grafschaften Mark und Ravensberg und der Graf-
schaft Ravenstein bevor, einer schönen Erbschaft, bei welcher
das Haus Sachsen in beiden Linien durch eine Reihe zum
Theil sich seltsam widersprechender Anwartschaften betheiligt
war. Die älteste darunter war die auf Jülich, Berg und
Ravenstein, welche Herzog Albrecht für seine dem Hause Habs-
burg geleisteten Kriegodienste 1483 erhalten hatte und die zum
Lohn für Kurfürst Ernsts Bemühungen um Maximilians
Königswahl 1486 auch auf die Ernestiner ausgedehnt und
1495 beiden Linien nochmals bestätigt worden war. Allein
derselben entgegen hatte schon 1496 Herzog Wilhelm von
Jülich für seine Tochter Marie und deren mämliche Descen-
denten die Successionsfähigkeit vom Kaiser ausgewirkt, und die
nichtssagende Clausel, welche hierbei der Rechte Sachsens ge-
dachte, hinderte nicht, daß 1511 Johann von Cleve als
Marias Gemahl in den Besitz jener beiden Linder kam. Noch
doppelseitiger ging Karl V. zu Werke, als er 1521 Cleve und
Sachsen an Einem Tage in zwei gleichlautenden Lehnbriefen
mit diesen sämmtlichen nun vereinigten Ländern belehnte.
Festeren Boden gewamnen jedoch die Anrechte der ernestinischen
Linie 1526 durch die Ehepakten Johann Friedrichs mit Sibylle
von Cleve und deren kaiserliche Bestätigung von 1544, indem
durch dieselben ihr Erbrecht, falls Herzog Johann oder sein
Sohn Wilhelm keine mämlichen Nachkommen hinterließen,
aufs neue anerkannt wurde. Allein abgesehen davon, daß
dieser Fall nicht eintrat, indem auf Herzog Wilhelm dessen