Kurfürst Johann Georg I. 121
Deductionen, Remonstrationen, Protestationen und Klagen nichts
als den unfruchtbaren Titel und das Wappen der beanspruchten
Länder davontrug 1), erlebte Christian II. nicht mehr. Er starb
plötzlich am 23. Juni 1611 nach einem zu raschen Trunke vom
Schlage gerührt, noch nicht volle 28 Jahre alt, ohne von seiner
Gemahlin, Hedwig von Dänemark, Nachkommen zu hinterlassen.
2. Kursachsen unter Johann Georg 1. bis zur Beendigung des böh-
mischen Kriegs und der unterpfändlichen Elnräumung der Lausitzen
1611—1623.
Johann Georg l., des Verstorbenen ältester Bruder und
Nachfolger, scheint in seiner Jugend eine strengere Erziehung
genossen zu haben als jener. Noch besitzt die dresdener Biblio-
thek das schwarze Buch, in welchem sein Hofmeister Seb. Leon-
hard die dem Prinzen dictirten Strafen zur warnenden Er-
innerung bildlich dargestellt hat, wie er ihn z. B. an den Ofen
gebunden oder durch den schwarzen Mann in Furcht gesetzt.
Dann ließ ihn sein Vormund, der Administrator, 1601 incognito
eine Reise nach Italien machen, die ihn bis Neapel führte,
ihm aber weniger eine Bereicherung seines Geistes, als eine
Neihe romantischer Abenteuer eingetragen zu haben scheint,
indem er z. B. unter Räuber gerieth, denen er und sein Ge-
folge sich als deutsche Studenten ausgaben, oder um die Neu-
gier des Papstes zu täuschen wie die andern auf Stroh und
Bänken schlief und seinem Hofmeister selbst das Pferd vorführte,
auch schwer erkrankt aus Mangel an Beichtzetteln anfangs
keinen Arzt bekommen konnte 2). Nach seiner Rückkehr über-
nahm er das Stift Merseburg, nahm seit 1607 an den Re-
gierungsgeschäften Theil und vermählte sich in demselben Jahr
nach dem frühzeitigen Verluste seiner ersten Gemahlin Sibylle
Elise von Würtemberg zum zweiten Male mit Magdalene
1) Weiße, Geschichte III, 19; IV, 246. Droysen, Preupß.
Politik II. 2. S. 567 ff. Die Literatur in Weinart, vitcralur des
Staatsrechts und der Statistik von Sachsen (1802) 1, 90—123.
2) Müller, Annalen, S. 226 ff. Sein Horoskop bei Müller,
Kurfürst Johann Georg I., seine Familie und sein Hof (Forschungen auf
dem Gebiete der neueren Geschichte (1838] I, 6.