Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

12 Kurfürst Johann Georg I. 
Sibylle, einer Tochter Markgraf Albrecht Friedrichs von 
Brandenburg, die ihren Gatten bis 1559 überlebte, nachdem 
sie ihm fast 50 Jahre — eine lange, schwere Zeit — seine treue 
Gefährtin gewesen war. Seinem Bruder August, dem Ad- 
ministrator von Naumburg, der sich mit einer braunschweigi- 
schen Prinzessin vermählte, setzte er nach Antritt seiner Re- 
gierung 21000 Fl. jährlich und das Amt Senuftenberg aus, 
was alles, sammt dem Stifte, durch Augusts kinderlosen Tod 
1615 an den Kurfürsten zurückfiel. 
Es war eine Zeit scheinbarer Nuhe, in Wahrheit eine Zeit 
voll dumpfer Gährung und banger Schwüle, wie sie dem Aus- 
bruche schrecklicher Stürme vorberzugehen pflegt, als der säch- 
sische Kurhut auf Johann Georgs I. Haupt überging. Das 
Gezänk der protestantischen Geistlichen war verstummt; wo noch 
ein Streit über dogmatische Fragen geführt wurde, wie zwischen 
den Gießenern und den Tübingern über den Stand der Er- 
niedrigung Christi, drang er nicht über die theologischen Kreise 
hinaus; die große Menge in und außer Sachsen hatte rasch 
den Geschmack daran verloren. Aber nicht so leicht war das 
Unheil verwischt, das er angerichtet hatte. Je reizbarer die 
politische Lage bei der allgemein herrschenden Spannung war, 
desto größeren Einfluß übte der confessionelle Zwist und seine 
Folgen auf alle Verhältuisse aus. Der Gegensatz zwischen der 
protestautischen Union und der katholischen Liga, der sich mit 
dem noch unausgeglichenen jülich -cleveschen Erbstreite berührte 
und an den sich die Opposition Frankreichs gegen den Prin- 
cipat der wieder versöhnten österreichisch-spanischen Macht au- 
lehnte, die vielfachen nahen Beziehungen Englands, der Nieder- 
lande, der nordischen Mächte, Polens, Siebenbürgens, zum 
deutschen Neiche oder zu einzelnen Theilen desselben, die Zer- 
rüttung im österreichischen Hause und über dies alles die Machi- 
nationen der Jesuiten, die schon nicht mehr bloß im Geheimen ar- 
beiteten, sondern bereits an mehr als einer Stelle zu offenen 
Gewaltthätigkeiten gegen die protestantischen Ketzer geschritten 
waren, verschlangen sich zu einem unlösbaren Knoten, den nur 
noch das Schwert durchhauen konnte.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.