1615
124 Kurfürst Johann Georg I.
burg zu Naumburg einen Rangstreit zwischen Weimar und
Altenburg veranlaßte. Allein es dauerte noch vier Jahre,
ehe der Kurfürst, immer mißtrauisch gegen das mit der
Union und mit Anhalt eng verbundene weimarische Haus,
von dem er vielleicht gar einen Confessionswechsel nach Branden=
burgs Beispiel fürchtete, sich zur Niederlegung der Vormund=
schaft verstand und auch dann nur unter der Bedingung, daß
er als Familienhaupt anerkannt werde und der älteste seiner
Mündel, der 21jährige Johann Ernst, als nunmehriger Vor-
mund seiner Brüder, eine so bindende Onittung ausstellte,
daß sie das Haus Weimar in völliger Abhängigkeit von Kur-
sachsen erhalten haben würde; nur das unbehagliche Gefühl
seiner unsichern politischen Stellung mochte ihn bestimmen sich
damit zu begnügen, daß Johann Ernst dieselbe bloß mit einem
sogenannten „„erklärenden Beiverstande“ unterzeichnete, worauf
er 30. October 1615 die Vormundschaft niederlegte. Aber
der Stachel, den dieses Verfahren im Herzen der weimarischen
Fürsten zurückließ, ist offenbar auf ihre nachherige Stellung
zum Kurfürsten nicht ohne Einwirkung geblieben 1). Auch zu
Kurpfalz besserte sich das Verhältniß nicht, ja das Reichs-
vicariat nach Rudolfs II. Tode 1612 2), in welchem Johann
Georg, der erste Albertiner, der diese Würde bekleidete, den Vor-
mund des jungen Kurfürsten, Johann von Zweibrücken, statt des
ebenfalls Ansprüche erhebenden Pfalzgrafen Ludwig von Neu-
burg als Mitvicarius anerkannte, vermehrte die alten Streitig-
keiten um neue über die Vicariatsrechte, besonders in Bezug
auf das Kammergericht. Um soviel stand er dem Hause
Osterreich und der katholischen Partei näher als seinen Glanbens-
genossen, daß er bei den nun folgenden Verhandlungen über
die Wahlcapitulation, namentlich über die Gleichstellung der
Confessionen im Reichshofrathe, nach kurzem Schwamien sich
von den weltlichen Kurfürsten trennte, um den Ansichten der
geistlichen durch seinen Beitritt das lUbergewicht zu verschaffen.
1) Die actenmäßige Darstellung dieser Vomnundschaftshändel siehe
bei Röse a. a. O., S. 24—33.
2) Das Ausschreiben im Cod. Aug. 1, p. 419.