Ausbruch des dreißigjährigen Krieges. 127
viel lebendigerer Gemeinschaft stand als später, wo die Zer-
rüttung des Kriegs auch diese Bande zerrissen hatte. Darum
säumten auch die böhmischen Stände nicht, den Kurfürsten
alsbald von dem Geschehenen in Kenntniß zu setzen und durch
zweimalige Gesandtschaften seine Absichten zu ergründen; gleich-
zeitig wurde aber auch von Wien aus unter Berufung auf
die sächsisch= böhmische Erbeinigung an ihn das Ersuchen ge-
stellt, den Böhmen keine Werbung zu gestatten, sondern even-
tuell Hilfe gegen dieselben zu leisten, welches Mitte Juni
Graf Hohenzollern mit der Versicherung unterstützte, daß es
sich im vorliegenden Falle keineswegs um die Religion, sondern
nur um politische Dinge handle, wogegen der Pfalzgraf durch
den Burggrafen v. Dohna zu Gunsten der Böhmen auf die
Entschließungen des Kurfürsten einzuwirken suchte. Welcher
Art diese auch sein mochten, sie mußten ein schweres Gewicht
in die Wagschale des Kampfes werfen: das ganze Reich er-
wartete sie mit Spannung. Hatte Sachsen auch aufgehört in
Wirklichkeit das Haupt der protestantischen Partei zu sein, so
galt es wenigstens noch dafür; sein Beispiel konnte dieselbe
nach sich reißen.
Allein der Kurfürst, in dessen Rathe damals Kaspar v.
Schönberg und Joachim v. Loß die gewichtigsten Stimmen
hatten, und der durch seine Agenten Hans Hofmann v. Ber-
bisdorf, genannt Zeidler, und Friedrich Lebzelter über den
Stand der Dinge in Prag und Wien fortwährend genau
unterrichtet wurde, erklärte sich zunächst für keine der strei-
tenden Parteien. Während im Innern der Ernst der Lage
durch Berufung sämmtlicher geheimen Räthe nach Dresden,
durch Weisung an die Befehlshaber der Defensioner und
ritterschaftlichen Compagnieen, sich in Bereitschaft zu setzen,
Ausdruck erhielt, suchte er in Ubereinstimmung mit einer nach
Torgau berufenen Versammlung von Vertrauensmännern, die
sich einstimmig für Aufrechthaltung der Neutralität aussprach,
nach beiden Seiten hin für einen friedlichen Ausgleich zu wirken.
Schon hatte er gegen den Pfalzgrafen seine Geneigtheit, sich
der von demselben vorgeschlagnen Interposition anzunehmen,