Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

186 Kurfürst Johann Georg I. 
So war also der Kurfürst von Sachsen aus seiner bis- 
herigen Neutralität herausgetreten und ein Verbündeter des 
Kaisers geworden. Ein letzter Versuch der Böhmen, ihn 
durch die Aussicht auf Ober= und Niederösterreich anzulocken, den 
die österreichischen Stände durch Stahremberg und einen Bruder 
des Oberhofpredigers Hos v. Hobönegg bei ihm befürworten 
ließen, glitt so wirkungslos ab wie die Gesandtschaften der 
Könige von Schweden und von England. Jndes dauerte es 
bei der Schwerfälligkeit des damaligen Kriegswesens bis Ende 
August, ehe das sächsische Heer unter des Kurfürsten und des 
Grafen Wolf v. Mausfeld Commando gegen die Lausitz aufbrach. 
Ein Manifest an die Lansitzer (Stolpen, 26. August) ging 
ihm voraus 1). Allein der größte Theil der sächsischen Ritter- 
schaft weigerte sich zu erscheinen, da sie kraft ihrer Privilegien 
nicht außer Landes geführt werden dürften, auch der Zug ohne 
Zustimmung der Landschaft unternommen worden sei, und 
erklärte geradezu, „daß sie sich gegen ihre lieben Nachbarn 
und Freunde keiner Thätlichkeit unterfangen könnten“, eine 
Widersetzlichkeit, an der die Abneigung gegen den Zweck des 
Krieges und die Unlust an den veralteten persönlichen Ritter- 
diensten wohl gleichen Antheil hatten. Der Streit darüber 
zog sich in die Länge und erlosch schließlich, ohne zur Ent- 
scheidung gebracht zu sein, mit der Abschaffung der wirklichen 
Ritterdienste von selbst. 
Der Kurfürft sendete den Obersten Jac. v. Grünthal an 
die oberlausitzer Stände nach Bautzen, um ihre Erklärung zu 
fordern; derselbe wurde aber von dem Anführer der Truppen, 
welche der Markgraf Johann Georg von Jägerndorf mittlerweile 
gegen den Willen der Bürgerschaft in die Stadt geworfen hatte, 
gefangen genommen, so daß sich der Kurfürst gensthigt sah zur 
Belagerung derselben zu schreiten; allein bei der Untauglichkeit 
der Truppen und des Materials und bei dem Regenwetter 
bätte dieselbe leicht zu einem im Vergleich zu den schnellen 
Fortschritten der Baiern doppelt empfindlichen Mißerfolge führen 
können, wenn nicht die unbegreifliche Unthätigkeit des Markgrafen 
1) Londorp II, 197.
	        
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