Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

138 Kurfürst Johann Georg I. 
Pomp die Huldigung (3. November) einzunehmen. Hos ver- 
diente sich durch seine dabei gehaltene Predigt die Würde eines 
kaiserlichen Pfalzgrafen. 
So war also der Zweck, zu welchem Johann Georg sich 
mit der Liga verbündet hatte, erreicht, die Reichsordnung wieder- 
hergestellt, der Calvinismus sammt dem pfälzischen Ehrgeiz in 
seine Schranken zurückgewiesen. Aber wenn er meinte, daß 
damit der katholischen Partei ebenfalls Genüge geschehen sei, 
so sollte er nur zu bald seines Irrthums inne werden. So 
wenig ahnte er das Kommeme, daß er arglos den Grafen 
Schlick, der flüchtig in Sachsen herumirrend aufgegriffen worden 
war, auslieferte, zu der prager Schlachtbank vom 11. Juni 
1621, mit welcher die schreckliche nun über Böhmen herein- 
brechende Reaction anhob. Ein Edict vom 3./13. December, 
dem in der Ausführung die weitgehendste Auslegung gegeben 
wurde, wies alle calvinistischen Prediger und Lehrer aus dem 
Lande. Schon kamen Scharen flüchtiger Protestanten über 
das Gebirge, und kaum hatte man des Kurfürsten Beschwerde 
mit der Versicherung beschwichtigt, daß jene Maßregel nur 
politische Vergehungen, insbesondere nicht die Prediger augsburger 
Confession treffe, als auch schon diese in Prag entsetzt und 
ihnen jede Religionsübung verboten wurde. Die Gleichgültigkeit, 
die man den matten Vorstellungen des Kurfürsten, seinen 
Berufungen auf gethaue Zusagen entgegensetzte, wurde nur über- 
boten durch das höhnische Frohlocken der Calvinisten, daß nun 
auch die Reihe an die Lutherischen gekommen. Nachdem ein- 
mal Johann Georg dem Systeme des Kaisers und der Liga 
bis hierher zum Siege verholfen hatte, fruchtete es nichts 
mehr, daß er nun einzelne Maßregeln aufzuhalten suchte, zumal 
man sich am kaiserlichen Hofe überzeugt hielt, daß er weder 
die Mittel noch die Willenskraft besitze, um seinem Widerspruche 
wenn nöthig mit Gewalt Nachdruck zu geben, und daß der 
Haß der Lutheraner gegen die Calvinisten stärker sei als ihre 
Furcht vor den Katyoliken. Das Nad der Reaction drohte 
bereits über Johann Georg hinwegzugehen; wurde die beab- 
sichtigte libertragung der pfälzischen Kur auf Maximilian von
	        
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