174 Kurfürst Johann Georg I.
daß er durch Übernahme der Verpflichtung, gegen die Renitenten
Hilfe zu leisten, sein Land nothwendig in einen neuen Krieg
stürzen werde, sah er in seiner Kurzsichtigkeit nicht und ebenso
wenig war er sich darüber klar, daß er, indem er zur Beein-
trächtigung altherkömmlicher Fürstenrechte und zur Begründung
einer ganz neuen Kriegsverfassung, welche die Kräfte des Reichs
der spanisch-österreichischen Partei zur Verfügung stellte, ohne
Auftrag noch Mitwirkung seiner Mitstände die Hand bot, sich
der Theilnahme an den tiefsten und willkürlichsten Eingriffen
in die Reichsverfassung schuldig machte 1). Arnim, der alle
seine Mühe, den Friedensverhandlungen eine günstigere Wen-
dung zu geben, gescheitert sah und sich besonders dadurch, daß
seine den Schlesiern gegebene Parole nicht genugsam in Acht
genommen worden, aufs tiefste gekränkt fühlte, schickte dem
Kurfürsten seine Bestallung zurück: „er könne weiter keinen
Rath geben, wo nicht ein redlicher Friede, wovon kein Reichs-
stand ausgeschlossen und wodurch die protestantische Religion
in genugsame Sicherheit gesetzt wäre, hergestellt würde, noch
weniger aber ein Commando übernehmen und nach Inhalt
einiger geheimen Artikel desselben ein und andere protestantische
Stände verfolgen helfen“7).
4. Kursachsen vom prager Frieden bis zum Ende des dreiziglährigen
Krieges. 1635—1648.
Von den Hoffnungen, die Johann Georg auf den Frieden
gesetzt hatte, ging kaum eine in Erfüllung, weder für sein eigenes
Land noch für das Reich überhaupt. Hatte Sachsen, obgleich
noch nicht fünf Jahre lang von dem Kriege unmittelbar be-
rührt, schon Verödung und, namentlich in den von den flüch-
tigen Landbewohnern überfüllten Städten, Hungersnoth und
Pest zu ertragen gehabt, so war doch dies Alles nur erst ein
Vorspiel der kommenden fürchterlichen Greuel, welche die Rache
der verlassenen Bundesgenossen wie die steigende Verwilderung
des ganzen Krieges über das unglückliche Land verhängten.
1) Droysen, Preuß. Politik III, 131.
2) Förster a. a. O. III, Any. 128.