Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

184 Kurfürst Johann Georg I. 
zu seinem Vorschlage, die kirchlichen und politischen Beschwerden 
gütlicher Vergleichung vorzubehalten, bestanden die Evangelischen 
darauf, dieselben mit Schwedens Hilfe auf dem Congreß zur 
Entscheidung zu bringen, wogegen Johann Georg die Leitung 
der Verhandlungen über diesen Punkt bestimmt von sich wies 
und des Directoriums der Epvangelischen, weil diese den prager 
Frieden verwarfen, sich nicht annahm. Dieses Anklammern an 
den von den Ereignissen längst überholten prager Frieden und 
an Formen der Reichsverfassung, die unrettbar und nicht ohne 
seine eigene Schuld dem Untergange verfallen waren, seine 
Unbewandertheit in den Künsten der Diplomatie, endlich seine 
Unfähigkeit, zur Schaffung einer neuen Ordnung mitzuwirken, 
brachten ihn in eine immer schiefere Stellung. Darum blieben 
auch seine Warnungen vor völligem Bruch der Reichsverfassung, 
wie sehr sie sich auch in der Folgezeit bewahrheiteten, wirkungs- 
lose Declamationen 1). Verständig handelte er, indem er seine 
Gesandten anwies, wegen des den kurfürstlichen Gesandten vom 
Kaiser zugestandenen, von den Fürsten aber verweigerten Titels 
Excellenz keine Verzögerung zu veranlassen. Aber der von 
Schweden und den Protestanten geforderten Wiederherstellung 
der protestantischen Religion in Böhmen auf den Stand vor 
1618 widersetzte er sich aus Besorgniß, daß dadurch der Krieg 
in Böhmen aufs neue entzündet und auch sein eigenes Land 
wieder in Gefahr gebracht werden möchte, ebenso der Ver- 
drängung Baierns aus dem Kurcollegium, da dessen Aufnahme 
auf legalem Beschlusse beruhe und dies eine innere Frage sei, 
in der die fremden Mächte nicht mitzusprechen hätten. Ohn- 
mächtig verhallte dagegen sein Widerspruch gegen die Entschädigung 
der fremden Mächte auf Kosten des Reichs; daß er, wiewohl 
1) „Solte, (da Gott gnädig für seyl) die iezige Verfassung zwischen 
dem Röm. Kayser, Churfürsten, Fürsten und Ständen des Reichs, ein 
mahl niederfallen und zu nichte werden; So dürffte alsdann zu spät 
seyn, um dessen Wiederaufrichtung sich zu bekümmern, sondern es hätte 
ein ieder Stand ihme vorzubilden, was Ihme, von denen fremden Cronen, 
für eine Freiheit oder Recht vergönnet oder üÜbrig gelassen werden möchte.“ 
Rescript v. 3. Sept. 1646 bei Arndt, Archiv a. a. O., S. 154.
	        
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