1650
188 Kurfürst Johann Georg I.
den Schweden erpreßten, sondern auch die von der eigenen
Regierung ausgeschriebenen, die von den ausgesogenen Unter-
thanen mit der äußersten Härte eingetrieben wurden. Die
mehr als hundertmal ausgeplünderten Einwohner von Olsnitz
und Adorf erklärten, durch die Steuerexecution zur Verzweiflung
getrieben, den bestimmten Entschluß auszuwandern, und wenn
das Beispiel der Zwickauer, die dies zum Theil wirklich thaten,
nicht mehr Nachahmung fand, so lag der Grund nur darin,
daß anderwärts das Elend nicht minder groß war. Mit der
erschöpften Steuerkraft des Landes versiechten die Staatsein-
künfte; Oschatz z. B. hatte von 28000 Steuerschocken noch
8000 gangbare; Beamte und Truppen forderten vergeblich ihre
rückständige Besoldung#).
Es war unter solchen Umständen kein Wunder, daß der
Kurfürst von allen Seiten bestürmt wurde, seinem Lande den
Frieden wiederzugeben; als derselbe endlich erschien, achteten
wohl die wenigsten auf seinen traurigen Inhalt; das durch die
materielle Noth abgestumpfte Geschlecht empfand zunächst nur
die Wohlthat, daß die Kriegsgräuel ein Ende hatten. Allein
erst am 22. Juli 1650 konnte in Sachsen nach kurz vorher
erfolgtem Abzuge der Schweden aus Leipzig (1. Juli) das
allgemeine Friedensdankfest gefeiert werden.
Demnoch zeigte es sich sehr bald, daß der Friedensschluß
einen wirklichen Friedstand nicht geschaffen habe. Zwischen
Brandenburg und Pfalz-Neuburg erneuerte sich die Fehde über
das jülichsche Erbe, in welcher Johann Georg, nachdem er das
Anerbieten, seine Ansprüche auf jene Erbschaft gegen Theile
von Magdeburg an Brandenburg abzutreten, abgelehnt hatte,
vermittelnd auftrat. Die Religionsbeschwerden dauerten un-
unterbrochen fort. Als sich daher auf dem Reichstage, der
im westfälischen Frieden binnen sechs Monaten verheißen worden
war, aber erst im Juni 1653 zu Rege nsburg zu Stande kam,
das Corpus Evangelicorum bildete, boten die Evangelischen
das Directorium desselben dem Kurfürsten von Sachsen an;
1) Weiße, Geschichte V, (65 ff.