Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

216 Inneres 1586—1656. 
daß durch die neue Universitätsordnung von 1588 die vier 
Reformatoren oder commissarüi perpetui, unter denen bis dahin 
der Rector und die ganze Leitung gestanden und welche die 
Collegien anzuordnen und die Besoldungen zu vertheilen hatten, 
aufgehoben und an ihrer Statt die Regierung der gelehrten 
Republik in die Hände des Rectors und ver vier Decane ge- 
legt wurde, unter denen das consilium publicum sämmtlicher 
Professoren stand. Christian I. vermehrte die Gehalte der wit- 
tenberger Professoren; die drei ersten Theologen hatten 1589 
den höchsten mit 410, der Professor der Dialektik den niedrig- 
sten mit 95 Gulden. Das gemeinschaftliche Leben in den 
Collegien hatte längst aufgehört und an die Stelle der Privat- 
magister traten seit Anfang des 17. Jahrhunderts die Pro- 
fessoren als Kostgeber, Tischherren und Berather der Studiren= 
den; aber auch sie hielten sich der Mehrzahl nach von den 
depravirenden Einflüssen des Zeitalters viel so wenig frei, als 
daß von ihrer Seite eine sittigende Wirksamkeit hütte ausgehen 
können. Gerade unter den Professoren ging der Eifer für die 
reine Lehre Hand in Hand mit der ärgsten Zuchtlosigkeit der 
Sitten. Mußte doch 1614 beiden Universitäten mit Wieder- 
einführung der Reformatoren gedroht werden, wenn der Senat 
nicht selbst auf strengere Befolgung der Gesetze sehen würde; 
ja leisteten doch die Professoren selbst durch ihren Wein= und 
Bierschank, der sogar in den Hörsälen gehalten wurde, der 
Trunkliebe der Studentenschaft Vorschub! Daher die witten- 
berger Visitationsdecrete von 1614 und 1624 verordnen, „daß 
aller Bier= und Weinschank im Juristencollegio als eine Uns 
an der Tranksteuer, daneben der Jugend und der Bürgerschaft 
schädliche Neuerung wieder abgeschafft und der Universität unter 
den Lectionen im großen Auditorio Gäste zu setzen keineswegs 
nachgelassen werden soll“ 1). 
Finden solche Zustände auf der einen Seite nur in 
dem Erlöschen des lebendigen wissenschaftlichen Geistes ihre 
Erklärung, so konnten auf der andern auch wieder die 
verderblichen Folgen derselben auf das wissenschaftliche Leben 
1) Tholuck a. a. O. I. 270.
	        
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