Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Wissenschaften. 219 
war, unverdienterweise mit den Hofnarren in eine Reihe gestellt 
worden ist 1). Nachdem Melanchthons theologische Lehrbücher 
verdrängt worden waren, kam nun auch die Reihe an seine 
grammatischen. Ueber seine lateinische Grammatik, mit deren 
Revision Taubmann 1602 vom Kurfürsten beauftragt wurde, 
erhob sich ein heftiger Streit, der erst 1621 damit endigte, 
daß eine Verbesserung derselben erschien; auch die Dialectica 
und die Rhetorica Philippi wurden beseitigt. Die Professur 
der lateinischen Grammatik zog Christian I. wieder ein, 
weil die Studirenden darin schon in den Schulen unterrichtet 
würden. Allerdings genossen die philologischen Leistungen der 
sächsischen Schulen eines guten Rufs, selbst einiger historischer 
Unterricht wurde auf denselben, nach dem System der vier 
Weltmonarchien, ertheilt. Matth. Dresser, Professor zu Leipzig 
(7 1629), schrieb eine Isgoge historica, und 1643 ward 
Kromayer als besonderer Lehrer der Geschichte dahin berufen. 
In der Jurisprudenz, die auf dem durch Augusts Constitutionen 
gelegten Grunde fortbaute, zeichneten sich zu Leipzig Sig. 
Finkelthans und mehr noch der berühmte Benj. Carpzov 
(. 1666) aus, einer der eifrigsten Vertheidiger der Tortur 
und der Hexenprocesse, dessen Auctorität als Criminalist weit 
über die Grenzen Sachsens hinausreichte und der sich rühmen 
konnte, in seinem Leben 20000 Todesurtheile gefällt zu haben. 
Kein Wunder daher, daß die Hexenprocesse in Sachsen so zu- 
nahmen, daß z. B. im Meiningischen von 1597—1676 die 
Zahl ihrer Opfer auf 92 (1611 allein 22), in Schleusingen 
auf 79 stieg 2). Verfocht doch selbst der wittenberger Anatom 
Schneider (17 1680), der Cntdecker der nach ihm benannten 
Schleimhaut, die Existenz von Hexen! Obschon aber dieser und 
ähnlicher Aberglaube allgemein verbreitet war, die Apotheken 
die absurdesten Mittel führten und vornehme Frauen, unter 
diesen, ihrer Vorgängerin Anna nacheifernd, die Kurfürstin 
Magdalene Sibylle, seltsame Recepte sammelten, machte doch 
1) Ebert, Taubmanus Leben und Verdienste 1814. Flögel, Ge- 
schichte der Hofnarren (1789), S. 288. 
2) Schlözer, Staatsanzeigen II, 165.
	        
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