Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

234 Kurfürst Johann Georg II. 
Mutter dem Gerüchte, daß ihr Sohn sich mit der Hoffnung 
schmeichle, seine Tochter an den katholischen Kaiser zu vermählen, 
hinreichend Glauben, um ihn dringend vor einem solchen Schritte 
zu warnen. Sachsen hatte auch den innern Beruf zur Führer= 
schaft des protestantischen Deutschlands verloren. Die Ein- 
führung einer jährlichen Feier des Reformationsfestes und einer 
Jubelfeier der Concordienformel waren Außerlichkeiten und die 
strengen Edicte gegen den Besuch des katholischen Privatgottes. 
dienstes bei den fremden Gesandten Beweise von Mißtrauen, 
die durch den großen Zudrang des Volkes zu demselben gerecht- 
fertigt schienen. 
Zu der alten, noch immer nicht ganz gehobenen Spannung 
zwischen der Kurlinie und den Ernestinern kamen jetzt noch 
durch Johann Georgs I. verderbliches Testament neue Miß- 
verhältnisse zwischen dem Kurfürsten und seinen Brüdern. 
Durch einige Ausdrücke des Testaments verleitet drangen die 
letzteren auf völlige Erbtheilung und die Landeshoheit in ihren 
Fürstenthümern, während der Kurfürst bereits die Huldigung 
als successor universalis eingenommen hatte. Als er aber 
der Landschaft von den über Vollziehung des Testamentes unter 
Vermittelung des Herzogs Friedrich Wilhelm von Altenburg 
begonnenen Verhandlungen unter Beilegung eines Auszugs aus 
denselben Mittheilung machte, verlangte diese unter dem Aus- 
drucke ihres Befremdens darüber, daß man sie bei einer so 
wichtigen Angelegenheit nicht, wie es ihren Privilegien und 
Rechten entsprochen hätte, zu Rathe gezogen und ihre Ein- 
willigung gefordert habe, die Vorlegung des ganzen Testaments 
und übergab zugleich mehrere, „unvorgreifliche Punkte“, wegen 
deren sie versichert sein wolle. Der Kurfürst erfüllte ihr Be- 
gehren, zog auch einige Mitglieder der Landschaft zu den Ver- 
handlungen und theilte diese der gesammten Landschaft vollständig 
mit. Die Vertheilung der Steuer und Steuerschulden, die Über- 
lastung der schriftsässigen Ritterschaft in den abgetretenen 
Amtern, der Auspruch des Herzogs August auf das ganze 
kurfürstliche Thüringen und mehrere andere Streitpunkte wurden 
endlich in dem freundbrüderlichen Hauptvergleiche zu Dresden
	        
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