260 Kurfürst Johann Georg 1Il.
Heeres aus den Defileen des Gebirges zu ermöglichen; nach
einem harten Kampfe gelang es demselben um Mittag sich des
Nußberges und des Ortes Nußdorf zu bemächtigen und dadurch der
Neiterei Naum zu schaffen, an deren Spitze der Kurfürst von
Sachsen und der Herzog von Lothringen in Person heran-
kamen. Erst jetzt griffen das Centrum und der rechte Flügel,
der den weitesten Weg gehabt hatte, in die Schlacht ein, und
während dieselbe hier noch unentschieden schwankte, führte der
Herzog von Lothringen den gesammten linken Flügel von neuem
ins Gefecht 1); dessen ungestümer Angriff überwältigte den Feind,
die Erstürmung der Redoute bei Döbling und dieses Dorfes selbst
entschied im Verein mit dem Vordringen des rechten Flügels den
Sieg und die Befreiung Wiens. Die sächsischen Dragoner
waren unter den Ersten, welche die Thore der Stadt erreichten,
die übrigen Sachsen unter Flemming die Ersten, welche ihre
Fahne in dem eroberten Türkenlager aufpflanzten. Wie die
Ersten im Kampf so waren die Sachsen die Letzten bei der
Plünderung. Einc glorreichere Bluttaufe hätte das junge
sächsische Heer nicht empfangen können. Mit Blut bespritzt
hatte der Kurfürst in den vordersten Reihen gekämpft und sich
von seinem Muthe so weit fortreißen lassen, daß ihn nur die
Dazwischenkunft des herbeieilenden Oberstleutnants v. Mink-
witz befreite. Er begleitete den Kaiser bei seinem Einzuge in
Wien, aber schon am 15. September brach er plötzlich und
ohne sich beim Kaiser und den übrigen Fürsten persönlich ver-
abschiedet zu haben auf, um, wahrscheinlich durch des Kaisers
steifes, frostiges und herzlöses Benehmen verletzt, den Rückmarsch
anzutreten. Aus der Beute brachte er 11 Kanonen, Zelte,
Wafsen und audere Trophäcu heim?:). Doch schickte er bald
1) Als der Herzog den Generalen des linken Flügels die Frage vor-
legte, ob der Zustand ihrer Truppen die Fortsetzung des Kampfes ge-
statte, antwortete der Feldmarschall v. d. Goltz, ein sehr tüchtiger
Soldat, aber so schwach, daß er sich kanm zu Pferd erhalten konnte:
„Ich bin ein alter kranker Mann und will mein Bett in Wien haben.“
2) Lochner, über den Antheil Johann Sobieskis und Johann
Georgs III. an dem Entsatze von Wien (1831; von der Jablonowolkischen