Kurfürst Friedrich August 1. 271
die gegen sie erhobenen Anschuldigungen, als habe sie durch
Zauberei den Tod Johann Georgs III. herbeigeführt, seinen
Sohn zur Liebe gegen ihre Tochter bethört und letztere dem-
selben preisgegeben, zu erhärten, wurde sie der peinlichen
Frage unterworfen; doch fand es der Kurfürst schließlich an-
gemessen, den Proceß ganz niederzuschlagen 1); die Leiche der
Gräfin v. Rochlitz wurde aus der Kirchengruft entfernt und
an wenig bekannter Stelle verscharrt. In den Sturz der
Neidschütz sah sich auch der Kammerdirector v. Hoyhm verwickelt,
er wanderte auf den Königstein, doch wurde 1696 auch sein
Proceß gegen Zahlung von 200000 Thaler niedergeschlagen
und er restituirt.
Als jüngerer Bruder ohne Aussicht auf die Nachfolge, hatte
Friedrich August 7) nach des Vaters Ansicht die militärische
Laufbahn wählen sollen, auf die nicht nur die Zeitereignisse
sondern auch die Neigungen des Knaben, sein kräftiger Körper
und sein geweckter Geist hinwiesen. Mit siebenzehn Jahren trat
er, der erste sächsische Fürst, incognito als Graf v. Meißen und
in Begleitung seines Hofmeisters v. Haxthausen, des Pagen
Friedrich v. Vitzthum und des Magisters Anton die sogenaunte
große Cavaliertour durch Europa an, die ihn durch Frankreich
nach Madrid und Lissabon und wieder zurück nach Paris führte;
von dort durch den Ausbruch des Krieges vertrieben begab er
sich nach Venedig und Florenz und kehrte, da sein Vater den
Besuch von Rom verbot, über Ungarn und Wien nach Dresden
zurück, um seinem Vater in das Feldlager am Rhein zu folgen,
wo er Gelegenheit fand, sich noch tiefer als bisher in die Lie-
derlichkeiten der vornehmen Welt eimveihen zu lassen 3). Sein
imponirendes Außere, seine Meisterschaft in allen ritterlichen
1) Schletter, Annalcu der Criminalgerichtspflege, Jahrg. 1849,
December, wo auch das Eheversprecchen abgedruckt ist.
2) Faßmann, Glorwürdigsics Leben und Thalcu Friedrich Angusts
de# Gioßen (1733, 2. Ansg. v. Horn 1734); Grelschel nennt ihn
tressend „den höfischen Lobredner der llppigkeit“; — Förster, Die
Hösc und Cabinelle Europas im 18. Jahrhundert, 3. Vd. (18.39).
3) Palmblad, Aurora von Königsmark und ihre Verwandten II,
206. 260.