Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Polizeiordnungen. Gesetzgebung. 21 
gistern und deren Frauen und TZöchtern zu tragen verboten, 
wurde genau bestimmt, auch den Stadträthen eingeschärft über 
Befolgung der Kleiderordnung zu wachen. So wurden noch 
1699 in Leipzig die Mägde, die gegen das Verbot Spitzen, 
Tressen und Schleppen trugen, auf das Rathhaus gefordert 
und ihnen durch den Rathsvoigt der Plunder abgebraunt; 
dasselbe widerfuhr darauf den Handwerkerfrauen und endlich 
sogar den vornehmen Kaufmannsfrauen. Um dem Mangel 
au Arbeitskräften für den Ackerbau, einer Folge davon, daß 
diese sich lieber städtischen Handtierungen und der Industrie zu- 
wendeten, zu begegnen, sollten Kuechte und Mägde angehalten 
werden sich in Dienst zu begeben und der unersättlichen Stei- 
gerung der Löhne eine Taxordunng für Gesinde, Feldarbeiter 
und Handarbeiter steuern 1). Die Ursache des eingerissenen 
Uebels sah der Kurfürst in der bei heramahendem Ende der 
Welt zunehmenden Widerspenstigkeit, die Stände wenigstens zum 
Theil richtiger in der mangelhaften Vollziehung der Gesetze, 
weshalb sie davor warnten, daß auch das neue Gesetz eine 
Glocke ohne Klöppel werde; aber doch war dem so, theils weil 
das Beispiel des Hofes und seiner Umgebungen selbst dem Ge- 
setze entgegenwirkte, theils weil es Gebote der Sittenlehre mit 
polizeilichen Vorschriften bunt durcheinandermischte und viele 
Verbote enthielt, die sich überhaupt nicht durchführen ließen 
— oder welche Obrigkeit wäre im Stande gewesen darüber zu 
wachen, daß der Gottesdienst „mit innerlicher Andacht“ be- 
sucht und nicht versäumt, gehörte Gotteslästerungen wirklich 
angezeigt, mit dem Teufel durch Krystalle oder in andere Wege 
keine Gespräche gehalten, keine Kugeln getauft und Büchsen 
besprochen würden —, theils endlich, weil es sich einem natur- 
gemäten volkswirthschaftlichen Entwickelungsproceß machtlos 
entgegenstemmte. 
Für die Gesetzgebung zeichnete sich die ruhigere Regie- 
rung Johann Georgs II. vor der seiner drei Nachfolger aus. 
1) Eine Magd sollle erhalten 4—6 Fl. jährlich, ein Tagelöhner 3 
Gr. täglich ohne Kost, ein Maurer oder Zimmermann wochentlich 1 Fl.
	        
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