1674
286 Inneres 1656—1697.
Märkten an die Tuchmacher oder andere Verarbeiter verkaufen
durften, und dadurch zu Gunsten jener Producenten die Aus-
fuhr der Wolle begünstigt, gleichzeitig aber deren Einfuhr un-
gemein beschränkt wurde, so konnte dies nur auf Kosten der
Wollmannfactur geschehen. Als ein intelligenter und rühriger
Kaufmann, J. D. Kraft, der 1674 in Leipzig eine Seiden-
manufactur gegründet hatte, dem Kurfürsten zur Errichtung
einer gleichen in Neu-Ostra und einer Wollmanufactur Vor-
schläge machte, für welche er durch ein zu gründendes Zucht-
und Arbeitshaus Arbeitskräfte zu gewinnen gedachte, erhob die
Kammer wegen des dadurch zu befürchtenden Ausfalles an Zoll
und Geleite Bedenken dagegen, worauf jener bereits ganz im
Geiste des Mercantilsystems erwiderte: „Alles Geld, soviel an
Zoll und Geleite für inländische Consumtion an fremden Manu-
facturwaaren in die Kammer kommt, trägt die Wohlfahrt des
Landes hinweg. und beranbt die Einwohner ihres Schweißes
und Blutes. Ein jeder Thaler, der solchergestalt einkommt,
bringt Ew. Kurf. Durchl. 10 bis 100 und dem Lande 100
bis 1000 Thaler Schaden, daß ich also Ew. Kurf. Durchl.
und Dero Land kein größer Glück und Segen wünschen könnte,
als daß in Dero Land kein einziger Dreier für inländische Con-
sumtion an fremder Manufactur einkommen möchte.“ 1) Sein
Werk ging ein, wahrscheinlich durch das Entgegenwirken des
Handelsstandes, an welchem wohl auch die ähnlichen Unter-
nehm ungen des Holländers Bretschneider trotz eines aus der
Steuer gewährten Darlehens von jährlich 2000 Thaler, sowie
die eines gewissen Zipfel scheiterten. In der Lausitz dauerte
der Streit zwischen Dorfwebern und Stadtmeistern fort, zu
dessen Schlichtung der Stadtrath von Zittau verfügte, daß in
den der Stadt gehörigen Dörfern nur concessionirte Weber
gegen Entrichtung eines Stuhlzinses die Weberei betreiben
dürften. Die Landschaft suchte die Ursache des Verfalls der
Industrie und namentlich der Woll= und Leinenfabrikation unter
1) Siehe Über ihn Leonhardi, Gesch. und Beschreibung der Kreis-
und Handelsstadt Leipzig (1799), S. 281.