Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

300 Inneres 1656—1697. 
Bücher und Fragen“ (später Monatsgespräche betitelt) sprengte 
er das literarische Monopol der Gelehrtenzunft, weckte auch 
unter den außerhalb derselben stehenden Gebildeten seiner Nation 
das Interesse an der Literatur, in die bereits durch den Kampf 
der Pietisten gegen das geisttödtende Formelwesen, durch ihr 
Gefühl für Naturwahrheit und Poesie, durch ihre Erwärmung 
der Herzen ein frischeres Element gedrungen war, und suchte 
durch seine Vorlesungen über Logik, seine der Philosophie des 
gens de cour des Abbé Gerard nachgebildete Introductio ad 
philosophiam aulicam die Philosophie von den Fesseln der 
Theologie zu befreien und jene auch dem größeren Publikum 
zugänglich zu machen. Obgleich in seinem Leben nichts weniger 
als ein Heiliger, warf er sich zum Vertheidiger der angefein- 
deten Pietisten auf, weil er sich in dem Ningen nach Geist und 
Freiheit ihnen verwandt fühlte. In seinem keck herausforderuden, 
scharfen Witz führte er eine Waffe, der seine Geguer nicht 
gewachsen, waren. Ein Sturm der Entrüstung erhob sich von 
Seiten der Universität gegen den dreisten Friedensstörer; der 
Theolog Pfeiffer hielt 1689 in der bestimmten Absicht ihn zu 
verdächtigen eine Vorlesung über den Atheismus; die von 
Thomasius angekündigte Gegenvorlesung wurde verboten, sowie 
ähnliche, die er dagegen zu halten versuchte. Sämmtliche vier 
Facultäten wendeten sich beschwerend an den Kurfürsten, weil 
er die Universität geschmäht, folglich auch den Kurfürsten als 
deren Schutzpatron beleidigt habe. Nicht lange, so gab die Art, 
wie er den von dem dänischen Hofprediger Masius auszestellten 
Satz, „daß die lutherische Neligion mehr als irgend eine andere 
der Obrigkeit favorisire", gerügt hatte, aufs neue Gelegenheit 
ihn zu dennneiren, weil er das göttliche Recht der Fürsten leugne, 
und selbst die däuische Negierung trug in Dresden auf seine 
Bestrafung an. Als er unn aber auch dem magdeburger Probst 
Phil. Müller, der der stillen Billigung des dresdner Hofes 
gewiß gegen die von letzterem ungern gesehene Verbindung des 
Herzogs Moritz Wilhelm von Sachsen-Zeiz mit einer Nefor- 
mirten, Marie Amalie, der Tochter des großen Kurfürsten, 
eine Schrift veröffentlicht hatte, sowie den gleichzeitigen An-
	        
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