Geheimes Cabinet; die Staͤnde. 81#
Landtagsrevers wiederholt erfuhr, wie die wachsende fürstliche
Souveränität das alte Mitregiment der Stände in immer
engere Grenzen einzuschließen bestrebt war; nicht genug, daß
der Kurfürst den von 1661 ungescheut verletzte, es wurde auch
das kurfürstliche Versprechen, ohne Zustimmung der Stände
keine Schulden aufzunehmen, den verordneten Einnehmern keine
Schulden einseitig aufzudringen, sondern die Steuer als ein
von der Kammer getrenntes Collegium bleiben lassen zu wollen,
ohne Bewilligung der Landschaft keine Werbung, Krieg, Bünd-
niß, Religionshandlung, Veränderung der Steuerverfassung
vorzunehmen, aus dem Landtagsreverse gänzlich weggelassen
und die bindende Clausel wegen Aufrechthaltung desselben be-
denklich verkürzt. Die seit dieser Zeit gewöhnliche ständische
Verwahrungsschrift blieb unbeachtet und wurde schließlich seit
1742 gar nicht mehr angenommen. Eine Revision der Landtags-
ordnung war bereits 1699 angeregt worden, doch dauerte es
bis zum 11. März 1728, ehe die neue aber ängstlich sich an
das alte Herkommen anschließende Landtagsordnung publicirt
wurde, die bis zum Jahre 1831 in Kraft blieb. Wenn durch
dieselbe auf der einen Seite die Bevorrechtung des alten Adels
sanctionirt wurde (s. o. S. 278), so trug doch anderseits auch
sie zur Schwächung der ständischen Freiheiten bei, indem sie
das Recht der willkürlichen Versammlungen beseitigte, dem
Landesherrn aber das Recht vorbehielt, die Landtagsordnung
aus landesfürstlicher Macht zu vermehren, zu ändern und zu
verbessern 1).
Aber von allen schlimmen Folgen, welche die Erwerbung
der poluischen Krone nach sich zog, bei weitem die unseligste
war der Antheil, den dadurch Friedrich August an dem nor-
dischen Kriege gegen Schweden zu nehmen verleitet wurde.
Mochte auch die Jugend Karls XII. und die geringe Meinung
von seinen Fähigkeiten seine Nachbarn reizen, jetzt, wo die
Aufmerksamkeit der europäischen Hauptmächte durch die über
das spanische Erbe schwebende Entscheidung nach der entgegen-
1) Hausmann, Kursächsische Landtagsordunng (1799), S. 1 ff.