Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

826 Kurfürst Friedrich August I. 
ausweichend, noch länger in Polen zu halten, das Corps des 
Generals Röbel an sich zu ziehen, in Sendomir eine Conföde- 
ration des Adels von Kleinpolen zu errichten, selbst Warschau 
auf kurze Zeit wieder zu besetzen und in Thorn und Marien- 
burg Versammlungen seiner Partei zu veranstalten. Allein 
diese Vortheile gingen schnell wieder verloren, als Karl XII. 
1. Mai 1703 bei Pultusk acht sächsische Kavalerieregimenter 
unter Steinau schlug, Thorn, Posen, Elbing und Danzig den 
Schweden in die Hände fielen, Stanislaus Lescinski, Palatin 
von Posen, in den Woiwodschaften Posen und Kalisch eine 
Conföderation zu Gunsten derselben organisirte, August aber 
von dem Reichstage, den er zu Lublin hielt, keine Unterstützung 
erhielt. 
Es fehlte am sächsischen Hofe nicht an einer Partei, welche 
der Einmischung Sachsens in den nordischen Krieg, dem engen 
Anschluß an Rußland durchaus entgegen war und dafür die 
Betheiligung an dem großen Kampfe gegen Frankreich betrieb; 
das Interesse des eigenen Landes und des Reiches, das Beispiel 
Preußens und Hannovers wiesen darauf hin, durch das Bündniß 
mit dem Kaiser vom 16. Januar ##02 war sie bereits ein- 
geleitet. An der Spitze dieser Partei stand der 1701 vom 
Kaiser zum Grafen erhobene Großkanzler v. Beichlingen, nur fand 
er von Seiten der Seemächte kein rechtes Entgegenkommen, 
weil sie von einem Bruche mit Schweden größere Nachtheile 
als Vortheile von einem Anschluß Sachsens erwarteten. Na- 
türlich machte sich aber Beichlingen dadurch Patkul zum Feinde, 
der, erkennend, daß er einer den sächsischen Ministern und dem 
Könige Achtung einflößenden Stellung bedürfe, um auf diesem 
Terrain für seine Zwecke wirken zu können, 1702 in russische 
Dienste getreten und zum Generalleutnant und Gesandten des 
Czaren bei August ernannt worden war; Abstellung der elenden 
Regierung in Sachsen und vor allen Dingen Beichlingens 
Entfernung hielt er für unerläßlich, damit der Czar wieder 
Zutrauen zu August fassen könne. Aber schließlich war es doch 
nicht die unbefangene und richtige Würdigung der realen Ver- 
hältnisse, sondern persönliche Motive und Nebenrücksichten ver-
	        
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