Nordischer Krieg. Beichlingens Sturz. 2.
schiedener Art, was über die politische Haltung dieses von
kleinlichen Intrignen beherrschten Hofes entschied. Patkul fand
Bundesgenossen an der damaligen Maitresse des Königs, der
zur Reichsfürstin erhobenen Fürstin Lubomirska, an der Miß-
gunst der Adelscoterie gegen den hochgestiegenen Eindringling,
an Flemmings und Fürstenbergs Eifersucht auf seinen Einfluß.
Dennoch würde es ihnen kaum gelungen sein, ihn zu stürzen,
hätten sie nicht dem Könige den Glanben beizubringen gewußt,
daß ein Anderer nunmehr leichter werde Geld beschaffen können,
als der durch seine Finanzmanveuver verhaßt gewordene Beich-
lingen und daß es sich lohnen dürfte ihn, der sich unermeßlich
bereichert habe, wieder auszupressen. Selbst der Goldmacher
Böttger mußte als Werkzeug dienen; man versprach dem Könige
wenigstens eine Million wöchentlich, man überredete ihn, Beich-
lingen besitze neun Millionen und, bis der Goldmacher zum
Ziele gekommen, mäge sich der König mit denen begnügen.
Es hielt nicht schwer, Beichlingen eine ganze Reihe von Mal-
versationen und Untreuen nachzuweisen, die sich als Vorwände
zu seinem Sturze brauchen ließen, der im April 1703 er-
folgte 1).
So hatte also Patkul das Feld behauptet. Dennoch
waren Rußland und Sachsen von gegenseltigem Vertrauen beide
gleichweit entfernt. Peter, welcher sah, wie August die russischen
Subsidien für seine Maitressen vergeudete, versuchte, ob sich
nicht durch Vermittlung des preußischen Gesandten in Moskau
Separatverhandlungen mit Karl XII. anknüpfen ließen; August
dagegen wollte der Gefahr, von seinem Verbündeten aufgeopfert
zu werden, dadurch entgehen, daß er seinen Gegner durch den
schmachvollen Vorschlag einer Theilung des Reichs, dessen König
er hieß, zu beschwichtigen suchte 2). Erst als beides erfolglos
blieb, näherten sie sich wieder einander. Patkul begriff, daß
etwas geschehen müsse, um August, der muthlos und der Ver-
1) Haxthausen bei Vehse V., 213. Nach seiner Freilassung
1709 lebte Beichlingen auf seinem Gute Zschorna bei Wurzen.
2) Hojer I1, 104.
