Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Nordischer Krieg. Patluls Memoire. 333 
heit ein furchtbares, aber, wie die Thatsachen lehren, nur zu 
getreues Gemälde von der innern und äußern Lage Sachsens 
entwarf. Nicht mit dem Degen, sagt er, sondern durch einen 
coup de plume sei die Conservation Sachsens zu suchen, nur 
müsse man an den fremden Höfen überall auf Feindschaft und 
Falschheit gefaßt sein, denn das Hauptübel sei, daß die sächsische 
Regierung bei allen Höfen Europas „für hauptsächlich corrupt“ 
gehalten werde; daher es denn gelommen, daß der König im 
Fortgange des Kriegs nicht allein seine beim Anfange gehabten 
Alliirten und Confidens verloren, auch keine mehr an sich 
bringen könne, sondern auch in Gefahr gerathen möchte, den 
Einigen, den er noch zu verlieren habe, zu verlieren; das Land 
sei ruinirt, der Credit dahin, selbst die Instiz der Willkür der 
Minister überliefert; von innen heraus, nicht durch auswärtigen 
Beistand müsse dem libel abgeholsen werden. Das einzige 
Mittel, um das Vertrauen der alten Verbündeten wiederzu- 
gewinnen, sei eine gänzliche Veränderung des geheimen Con- 
seils 1). War nun schon Augusts Ohr für eine so freimüthige 
Sprache nicht geschaffen, so entzündete sic bei den sächsischen 
Ministern, die durch Eutwendung in den Besitz vdieses Memoires 
gekommen waren, einc tödtliche Erbitterung, die die Gelegenheit 
zur Nache bald fand. 
August war auf weitem Umwege über Danzig und Königs- 
berg November 1705 nach Grodno gereist um sich, da jeder 
andere Rettungsweg versperrt schien, wieder dem Czaren in 
die Arme zu werfen; sie erneuerten hier ihren Bund und 
verabredeten den weiteren Kriegsplan. Während aber August, 
als Peter plötzlich heimgerufen wurde, den Öberbefehl über 
die Russen unter Menzikosf und Ogilry übernahm, zur Be- 
friedigung der eigenen Prunksucht wie als Köder für seinen 
Anhang den weißen Adlerorden Pro fide, lege et rege stiftete 
und an Stelle des verstorbenen ränkesüchtigen Radziejowski 
1) Pattul jführt einen Ausruf an, den der Reichsvicekanzler Graf 
Kaunitz mit Bezug auf August gegen ihn gethau: „Ei so laßt ihn in 
des Teufels Namen fallen, so wissen wir alle einmal, woran wir sind!“
	        
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