Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

84 Kurfürst Friedrich August I. 
den ihm treu ergebenen Bischof Dombski von Cujavien zum 
Primas ernannte, führte die sächsische Aristokratie in Dresden 
den längst vorbereiteten Schlag gegen Patkul aus. Eben erst 
von Berlin zurückgekehrt, wurde er in der Nacht vom 19. 
zum 20. December, dem Tage vor seiner Vermählung mit 
der reichen Wittwe Anna v. Einsiedel, geb. v. Rumohr, auf 
eigenmächtigen Befehl des geheimen Conseils plötzlich in seinem 
Bette verhaftet und auf den Somnenstein, dann, als er von 
hier aus cine in Hamburg erschienene Vertheidigungsschrift 
veröffentlicht hatte, in den streugeren Gewahrsam des Königs- 
steins gebracht. Als Vorwand benutzte man einen am 15. 
December von Patkul mit dem Grafen Strattmann abge- 
schlossenen Vertrag, nach welchem das in Sachsen stehende 
russische Hilfscorps von 7000 Mann, dem der Rückweg nach 
Polen durch die Schweden versperrt war, dem Kaiser überlassen 
werden sollte, obgleich derselbe mit Wissen und Billigung des 
Königs und seiner Minister verhandelt worden war, um nicht 
jene Truppen dem Hungertode verfallen zu lassen. Zur Recht- 
fertigung für die schnöde Verletzung des Völkerrechts berief man 
sich darauf, daß Patkul als Generallentnant unter Steinau 
dienend sich damit seines Charakters als Gesandter begeben 
habe. Von dem Könige, dem man die unter Palkuls Papieren 
gefundenen wenig respectvollen Rußerungen über seine Person 
samt den Beweisen für seine geheimen Verhandlungen mit dem 
preußischen Minister Ilgen vorlegte, ließ sich die Billigung des 
Geschehenen leicht erreichen, aber anderwärts erregte dasselbe 
das größte Aufsehen. Der kaiserliche und der dänische Gesandte 
verließen Dresden, der Czar sprach sich öffentlich über die per- 
side Behandlung seines Bevollmächtigten, dessen Auslieferung 
er verlangte, in den stärksten Ausdrücken aus und strafte damit 
das vom sächsischen Geheimrathe verbreitete Gerücht, als ob 
die Verhaftung auf seinen Befehl erfolgt sei, Lügen. Indes 
fand er es doch vortheilhaft, ohne den ihm angethanen Schimpf 
zu ahnden, seinen Gesandten der Verbindung mit August zu 
opfern, deren er zur Ausführung seiner großen Pläne nicht 
entrathen konnte; er mißbilligte förmlich den Vertrag mit dem
	        
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