84 Kurfürst Friedrich August I.
friedens, schwedischerseits am 28. April, polnischerseits am 2.
Juni 1729.
Der nordische Krieg hatte die Suprematie Schwedens
über das nördliche Europa gebrochen, Rußland zum Gebieter
über Polen gemacht und ihm den Eintritt in das europäische
Staatensystem geöffnet. Hätte damals an Augusts Stelle ein
Fürst von Charakter und staatsmännischer Einsicht gestanden,
vielleicht wäre es ihm noch möglich gewesen die königliche Auc-
toriät in Polen wiederherzustellen und es innerlich verjüngt als
schützende Vormauer der russischen Habsucht entgegenzustellen.
Indem aber August der Zigellosigkeit und Selbstsucht des
polnischen Adels nur durch kleinliche und factiöse Mittel ent-
gegenzuarbeiten verstand, die eingerissene Sittenverderbniß durch
das Beispiel höfischer Schwelgerei und Zuchtlosigkeit nährte
und gleichsam antorisirte, indem er statt redlichen Bemühens
um des Landes Wohlfahrt autokratische Gelüste zeigte ohne doch
die Kraft zu ihrer Geltendmachung zu besitzen, zog er das
unglückliche Land immer tiefer in den Abgrund. Stets blieb
er den Polen ein fremder, mißtrauisch bewachter Eindringling,
dem sie auch noch den verbliebenen Schatten königlicher Aucto-
rität zu verkümmern trachteten. Widerlich und unfruchtbar
schleppte sich das Gezänk zwischen König und Adel von einem
Reichstag zum andern. Daß August den Oberbefehl über die
auf deutschen Fuß gesetzte Kronarmee an Flemming gegeben
hatte, empfanden die Polen als eine Verletzung des National=
gefühls und ihrer Verfassung und ertrotzten die Übertragung
dieser Würde an Lubomirski und Dönhoff 1); voll Argwohn
gegen ihres Königs geheimen Wunsch, den Thron in seinem
Hause erblich zu machen, ließen sie sich von ihm über die freie
Wahl nach seinem Tode eine förmliche Acte ausstellen, ja im
Jahre 1732 verlangten sie vom Kaiser als Garanten der pol-
nischen Verfassung zu deren Sicherung eine Anzahl kaiserlicher
Hilfsvölker an ihre Grenzen. Diese Zerwürfnisse waren es
auch, welche mehr als alles andere dazu beitrugen die Republik
1) Faßmann, S. 355 ff.