1726
1727
856 Kurfürst Friedrich August 1.
Throns für sein Haus, mit denen er sich damals trug, preis-
zugeben, geschehen lassen, daß der Reichstag zu Grodno, No-
vember 1726, die Wahl vernichtete und seinen Sohn förmlich
ächtete. Hätte auch Moritz Anna's Gunst nicht durch eine
Liebschaft mit einer ihrer Dienerinnen verscherzt, der Tod der
Kaiserin Katharina I. vernichtete seine letzten Hoffnungen. Denn
der nun unumschränkt gebietende Menzikoff, der den Herzogs=
stuhl von Kurland seiner zweiten Tochter, wie der älteren den
Czarenthron bestimmt hatte, schickte sofort Lasch mit 8000
Mann gegen ihn; ein abenteuerlicher Versuch Moritzens, sich
mit einer Hand voll Leute gegen dieselben zu behaupten, endete
mit seiner Vertreibung 1727; statt Herzog oder Gemahl einer
Kaiserin zu werden, nahm er nichts als ein unfruchtbares
Wahldekret, dessen Auslieferung er selbst dem Vater verweigerte,
mit nach Frankreich zurück; vergeblich hatte seine Mutter, seit
1700 Dechantin, dann Pröbstin von Qnedlinburg (st. 1728)
den Rest ihres Vermögens, hatte seine schöne Geliebte, die
Schauspielerin Adrienne Lecouvreur, ihre Juwelen für ihn ge-
opfert. Noch im Jahre 1742 erneuerte Moritz, von Frankreich
unterstützt, bei der neuen Kaiserin Elisabeth seine Bewerbung
um Kurland persönlich in Moskau, aber auch diesmal nicht
mit besserem Erfolge 1).
Noch mehr wurden jedoch diese wirren Verhältnisse da-
durch vergiftet, daß sie auch den Jesuiten eine bequeme Haud-
habe für ihre Zwecke boten. Die Beschlüsse von 1717 gegen
die Dissidenten waren nur ein Glied der großen Kette, welche
den Protestantismus stückweise erdrosseln sollte -und Augusts
stumpfe Gleichgiltigkeit gegen alle Religion kam ihnen dabei
auf halbem Wege entgegen. Was sie im Vertrauen hierauf
glaubten wagen zu können, zeigten die durch sie veranlaßten
Vorgänge in Thorn, welche die ähnlichen zu Donauwörth im
Jahre 1607 an Abscheulichkeit noch weit überboten. In dieser
protestantischen Stadt hatte der Pöbel, gereizt und erbittert,
1) v. Weber, Moritz Graf von Sachsen (1863), S. 85 ff. 181 ff.
Taillandier, Maurico de Sare (1865), p. 62 30.