362 Kurfürst Friedrich August I.
an deren Abschluß Prinz Eugen besonders regen Antheil ge-
nommen hatte. Dieser Religionswechsel verfehlte nicht auch
eine Veränderung der bisherigen verwandtschaftlichen Beziehungen
zu anderen Fürstenhäusern nach sich zu ziehen: das Kurhaus
Sachsen verschwägerte sich fortan nur mit katholischen Häufern.
Nach achtjähriger Abwesenheit kehrte der Kurprinz als Katholik
und als Bürge für das künftig katholische Bekenntniß des
sächsischen Kurhauses in das protestantische Land seiner Bäter
zurück, im September 1719 fand des am 20. August zu Wien
vermählten kurprinzlichen Paares Einzug in Dreoden mit Auf-
gebot aller nur ersimlichen Pracht statt; Pater Salerno erhielt
zum Lohne seiner Verdienste auf Verwendung des Königs den
Cardinalshut.
Mit tiefem Seelenschmerze hatte die Kurfürstin die Kunde
von dem Abfall ihres Sohnes vernommen; überall wohin sie
drang, erregte sie das größte Aufsehen, nirgends tieferes als in
Sachsen selbst, we man sich eben zur Feier des zweiten Re-
formationsjubiläums rüstete, deren Verbot von August zu
fordern der päbstliche Nuntius bereits dreist genug war. Na-
mentlich in Dresden und Leipzig sprachen sich der Kummer
und der Zorn der Bevölkerung in zahlreichen, zum Theil sehr
heftigen Flugschriften unverholen aus. Den Minmistern machte
der König das Geschehene mit der Erklärung bekannt, daß alle
seine Unterthanen dieselbe Freiheit genießen sollten, die er seinem
Sohne gelassen habe; mit gewohnter Geschmeidigkeit ließen es
diese dabei bewenden. Anders aber die auf den 22. Januar
1718 einberufenen Landstände. Weder durch die ihnen mit-
getheilte Religionsversicherung vom 23. October noch durch
die Erklärung, daß auch des Kurprinzen libertritt nur ein
personelles Werk sei, zufriedengestellt, reichten sie eine scharfe
Fischer veröffentlichten sogenaunten ungarischen Fluchformulars siehe
Gretschel II, 587 f. — lÜber die 1717 im Erzgebirge als der incognito
das Land bereisende Kurprinz anftretende Zeuchmacherstochter Anna
Sophie Apitzsch aus Lunzenau (Prinz Lieschen) vergl. v. Weber im
Neuen Pitaval 1865, S. 419 ff.