372 Inneres 1697—1733.
meingeistes und nationalen Sinnes in allen Schichten der Be-
völkerung würden diesen Zeitraum zu dem unerfreulichsten der
ganzen sächsischen Geschichte machen, wenn er nicht durch die
Kläglichkeit des darauf folgenden noch überboten würde. Frie-
drich Angust fühlte sich stets nur als König von Polen, sein
Stammland hatte für ihn nur insofern Interesse, als es ihm
die Mittel zur Behauptung dieser Stellung gewährte, und man
wird anerkennen müssen, daß er die Kunst, diese demselben ab-
zugewinnen, in hohem Grade verstand. Kein Wunder, daß
die Umgebung des Königs sein Beispiel nachahmte und in der
Regierung überall Eigennutz und Untreue um sich griffen. Ab
und zu fand es daher August der Starke gerathen, diese voll-
gesogenen Schwämme wieder auszudrücken, was dann gewöhn-
lich auch durch Anklagen und Verurtheilungen nach Wunsch
gelang. Ebenso despotisch war es, wenn im Jahre 1715 die
Mittel für das in Waldheim zu errichtende Zuchthaus dadurch
beschafft wurden, daß alle Beamte bis zu denen mit über
3000 Thaler Besoldung hinauf sich von dieser einen Monats-
abzug gefallen lassen mußten. Die ungeheuren Summen,
welche die Erlangung und Behauptung der polnischen Krone
verbunden mit der grenzenlosen Verschwendung des Hofes ver-
schlang, auf regelmäßigem Wege zu beschaffen, war freilich
ganz unmöglich 1). Die ganze sächsische Regierungsweisheit
concentrirte sich daher in Beantwortung der Frage, woher
Geld nehmen. In kurzem war man so weit, unbedenklich je-
des Mittel für zweckmäßig zu halten, sobald es für den
Augenblick Geld schaffte, und je nach den Umständen griff man
zu Besteuerung oder zu Anleihen oder auch zu Verpfändung
und Veräußerung selbst wichtiger Besitzungen, Rechte und An-
sprüche. So leichtsinnig wie August die sächsischen Ansprüche
1) Eine damals erscheinende Spottmünze zeigte einen Mann eine
Jungfrau im Schubkarren führend mit der Umschrift: „Ich führe Sachsen
nach Polen-. Hasche, Gesch, v. Dresden IV, 121. — Nach einer Be-
rechnung des Theatrum Europacum hätte August zur Behauptung der
polnischen Krone 28 Millionen Thaler, gegen 40000 Mann Truppen und
800 Kanonen aus Sachsen entnommen.