Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

884 Inneres 1697—1733. 
unermüdlichen Rührigkeit und Betriebsamkeit des sächsischen 
Volkes. Dem wenn auch kein Landtag vorüberging, ohne daß 
die Stände über das Daniederliegen des Handels und der 
Gewerbe in Stadt und Land die bittersten Klagen erhoben, so 
geschah dies doch hauptsächlich aus gewissen nicht aus den Sachen 
selbst geschöpften Nebengründen, während wirkliche Hemmnisse, 
die Mißstände im Münzwesen, die Zollschranken gegen die Nach- 
barländer, der schlechte Zustand der Straßen, dabei unberück- 
sichtigt blieben. Die Nitterschaft wollte damit die Verwerflich- 
keit der ihnen so verhaßten Generalconsumtionsaccise beweisen, 
und wenn anderseits die Städte über den Verfall der Manu- 
facturen, besonders der in Wolle klagten, so mochte sich dies 
hauptsächlich auf die Concurrenz des flachen Landes beziehen, 
wohin sich viele Gewerbe der Wohlfeilheit wegen zogen, wo sie 
aber freilich auch schlechtere Arbeit und betrügliches Maß lieferten. 
Vielmehr werden unverkennbare Spuren eines im Steigen be- 
griffenen Wohlstandes sichtbar. Die Bevölkerung, die sich im 
Vergleich zum sechszehnten Jahrhundert merklich verringert 
hatte, begann wieder zu wachsen, Städte, die ehedem öde und 
wenig bebaut gewesen, blüheten auf, seitdem ihnen die General- 
accise die erdrückende Last der directen Steuern erleichterte; 
aus den Brandstätten erhoben sich neue Häuser; seit dem Frie- 
den waren deren bis zum Jahre 1731 in den Städten des 
Kurstaates 7378 gebaut worden. War die bei einer Revision 
aller im Kurfürstenthume und den incorporirten Landen 1705 
befindlichen Mannschaft vorgenommene Zählung richtig, so gab 
es damals 32400 gangbare Tuchmacher= und 64000 Weber- 
stühle. Die leipziger Messen gewannen mehr und mehr euro- 
päische Bedentung, doch fehlte es auch nicht an störenden Ein- 
flüssen: viele tüchtige Arbeiter zog Brandenburg aus Sachsen 
an sich, der Handelsneid der leipziger Kaufleute wollte nicht 
dulden, daß die Baumwollenmannfactur des Erzgebirges und 
des Voigtlandes ihr Rohmaterial direct von Wien beziehe und 
beschwerte sich über Vermehrung der Franzosen und Jtaliener 
in Leipzig, die fast den ganzen Handel mit Italien, Frankreich, 
Holland rc. an sich rissen; selbst die lutherische Unduldsamkeit
	        
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