Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

446 Kurfürst Friedrich August II. 
Artikels XI des dresdner Friedens voll auszahlen ließen, da 
man sächsischerseits versäumt hatte die Summe der in preußischen 
Händen befindlichen Steuerscheine zu fixriren, was erst nach- 
träglich durch eine Konvention vom 8. October 1763 geschah 1). 
Dennoch wurden die Gerichte angewiesen, alle Depositen= und 
Pupillengelder zur Steuer zu liefern und dafür Steuerscheine 
zu nehmen, sogar die den Waisen gehörigen Grundstücke mußten 
verkauft und der Erlös an die Steuer abgeliefert werden, für 
welche ohne des Superintendenten Deyling mannhaften Wider- 
stand auch das Vermögen der leipziger Kirchen eingezogen worden 
wäre, angeblich um die Schulden derselben zu bezahlen, während 
Brühl gerade damals durch Bestechungen im Betrag einer 
Million sich das polnische Indigenat erkaufte, sein Sohn mit 
fürstlichem Aufwande Europa durchreiste und die kostbare mo- 
denesische Bildergallerie für zwölf Tounnen Goldes angekauft 
wurde. Und dies Alles in einer Zeit, wo der Grund und 
Boden mehr Steuer zahlte als er Pacht trug und selbst die 
Gehalte seit mehr als 22 Monaten nicht mehr gezahlt wurden. 
Es war so weit gekommen, daß Brühl den Ausbruch des sieben- 
jährigen Krieges als eine Erlösung aus einer Bedrängniß be- 
grüßen mußte, der nur noch der Bankerott übrig blieb. Aber 
kein Laut der Klage über das allgemeine Elend drang bis zu 
dem Ohr des gutmüthigen, von Brühl in unbedingter Abge- 
schlossenheit gehaltenen Landesfürsten. 
Wie die Instiz unter einem solchen Regimente beschaffen 
war, läßt sich daraus abnehmen, daß der oberste Chef derselben, 
der Kanzler v. Stammer, eine Kreatur Brühls war, daß 
ein brühlscher Secretär durch seine Einmischung den Gang der- 
selben willkürlich nach seinen Absichten zu leuken vermochte, daß 
eines der hauptsächlichsten Werkzeuge des Kanzlers, der Hofrath 
Essenius, einst mittelst Estafette das Schöppensiegel von Leipzig 
nach Dresden kommen ließ um ein selbstgemachtes Urtheil gegen 
eine von Brühl verfolgte Freu zu untersiegeln 2). Manches 
1) Daß auch Vokltaire nicht verschmähte in sächsischen Steuerscheinen 
zu spcculiren, siehe Klein, Annalen der Gesetzgebung V (1790), S. 215ff. 
2) Leben und Charakter Brühls II, 63.
	        
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