Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Einschließung der Sachsen bei Pirna. 471 
nöthigsten Lebensmittel wurde mit beispielloser Sorglosigkeit 
versäumt. Die letzte Hoffnung der Sachsen beruhte auf dem 
österreichischen Feldmarschall Brown, der sein Heer im nördlichen 
Böhmen sammelte, da derselbe entweder herbeikommen und sie 
degagiren werde, oder Friedrich, um nicht seinen Hauptzweck, 
die Occupation Böhmens, zu verfehlen, schließlich doch bei ihnen 
vorbeimarschiren und sie im Rücken stehen lassen müsse. Für 
Österreich war es vom hichsien Belang, daß die Sachsen nicht 
vorzeitig erdrückt oder zu einem Abkommen mit Friedrich ge- 
bracht würden; daher kam von Wien das Auerbieten eines 
Subsidienvertrags und die Versicherung, daß sie bestimmt auf 
kaiserliche Hilfe rechnen könnten; auch Brown versprach sein 
Möglichstes zu thun, aber er war mit seinen Rüstungen noch 
weit in Rückstand; den Antrag, die Sachsen mit 10000 Mann 
zu verstärken, lehnte er ab, weil dadurch der Mangel an Lebens- 
mitteln im Lager noch verschlimmert worden wäre. Seinem 
Wunsch nach hätten die Sachsen sich zu ihm nach Böhmen 
zurückziehen sollen. 24 Grenadiercompagnien, mit denen er 
auf Brühls Ansuchen den Paß von Peterswalde besetzen ließ, 
wurden von den Preußen zurückgeworfen; durch Liberschreitung 
der sächsischen Grenze aber die Verantwortung auf sich zu 
laden, daß er den Krieg angefangen habe, getraute er sich nicht 
ohne ausdrücklichen Befehl aus Wien. Brühl, durch dessen 
Hände fast ausschließlich die Verhandlungen mit Brown gingen, 
neigte sich ebenfalls dazu den Rückzug nach Böhmen zu ver- 
suchen; aber so zaghaft im Angesichte der ernsten Entscheidung, 
wie er früher leichtsinnig mit der Gefahr gespielt hatte, fand 
er nicht die Kraft in sich, um seinen Willen auch gegen die 
Ansicht der Generale durchzusetzen, die in einem am 10. Sep- 
tember abgehaltenen Kriegsrathe einstimmig dahin ging, daß 
es dazu nunmehr zu spät sei, daß ein Rückzug den Ruin des 
Landes nach sich ziehen, die schwere Artillerie dem Feinde preis- 
geben würde. Indem man also zu warten beschloß, bis Brown= 
die Sachsen befreien werde, und Brühl für diesen Dienst der 
Kaiserin die Allianz Sachsens während des Krieges anbot, ließ 
man die letzte Möglichkeit sich nach Böhmen durchzuschlagen
	        
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