Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

482 Der siebenjährige Krieg. 
dem Glauben bestärkte, als werde er sich auf die Vertheidigung 
seiner Eroberung beschränken, brach er plötzlich 18. —20. April 
an verschiedenen Punkten in Böhmen ein, er selbst von Pirna 
über Peterswalde, Prinz Moritz von Dessan von Chemmnit 
über Marienberg, Prinz Heinrich von Annaberg, der Herzog 
von Braunschweig-Bevern von Zittau, Schwerin von Schlesien 
aus. Dem Siege bei Prag folgte die Einschließung dieser 
Stadt, aber bei Kolin kehrte das Glück dem bis dahin überall 
Siegreichen zum erstenmale den Rücken, 18. Juni. Schon 
hatte Daun, die Schlacht verloren gebend, dem sächsischen Ge- 
neral v. Nostitz den Befehl zum Rückzuge ertheilt, als vier 
sächsische Kavalerieregimenter, welche im vorigen Jahre in 
Polen gestanden, deshalb in der Kapitulation vom 16. October 
nicht inbegriffen gewesen und sich 1757 in Mähren den Oster= 
reichern angeschlossen hatten, das Schicksal der Schlacht wen- 
deten. An der Spitze des Negiments Prinz Karl stürzte sich 
der Dragoneroberstleutnant v. Benkendorf auf eigene Faust 
in eine Lücke des preußischen Fußvolks, ihm nach die übrigen 
und richteten ein furchtbares Gemetzel an 1). Mit dem Ruse 
„das ist für Striegau! hieben die Sachsen auf das Fußvolk 
des linken preußischen Flügels ein und sprengten es, unterstützt 
von den Österreichern, auseinander. So löschten die braven 
sächsischen Reiter vieljährigen Haß zugleich mit dem Schimpf 
der vorjährigen Kapitulation und retteten nicht nur ihre Sol- 
datenehre, sondern auch der Kaiserin zum zweitenmale Böhmen. 
Hoch gingen jjetzt die Hoffnungen von Friedrichs Feinden und 
namentlich Brühl, bereits von Sachsens Erhebung zu einer 
nordischen Großmacht auf den Trümmern der hohenzollerschen 
träumend, beauspruchte außer einem Stück Schlesiens zur Ver- 
1) Benkendorfs eigene Nelation in Schlichtegrolls Nekrolog 
der Deutschen (1805) IV, 1 ff. Angeblich wäre er von reichlich genossenem 
Champaguer erhitzt gewesen. Jenaische Literaturzeitung 1823, Nr. 217, 
S. 2701. Friedrich selbst gedenkt weder Benkendorfs noch der Sachsen 
Überhaupt, sondern statt des ersteren eines österreichischen Obersten Ayassas. 
Archenholz, Gesch. des siebenjähr. Kriegs 1, 99 dagegen läßt den 
Sachsen und Beukendorf volle Gerechtigkeit widerfahren.
	        
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