614 Geistiges Leben unter Friedrich August II.
rirten Zopfgeschmacks, wie er sich in der von Wiedemann in
Kupfer getriebenen und vergoldeten Reiterstatue Augusts des
Starken (1735), in den plastischen Gruppen des Großen Gar-
tens, in Antonio Pellegrini's historischen Gemälden an den
Plafonds der Zwingersäle, in Louis Sylvestre's, Directors der
Malerakademie, vornehm zzierlichen, oft süßlichen und lüsternen
Pastellportraits, selbst in des Directors der meißner Porcellan=
fabrik Moritz Kändler überladenen Tafelaufsätzen, Vasen und
Figuren ausspricht, und von dem auch Ad. Fr. Oeser, aus
Ungarn gebürtig, seit 1739 in Dresden, sich nicht loszumachen
verstand. Für Brühl malte 1747—1758 Leonardo Belotti,
genannt Canaletto, die schönsten Ansichten von Dresden und
Pirna. Nur Chr. W. E. Dietrich steht vereinzelt in seiner
Abkehr von den italienischen und französischen Manieristen, aber
nur um der völlig unselbständigen Nachäffung anderer Meister
zu verfallen. Die von seinem Vater unvollendet hinterlassenen
Prachtbauten ließ Friedrich August weiter führen und am 28.
Juli 1739 wurde zu der neuen katholischen Hofkirche oder
vielmehr Kapelle, wie sie damals, wo sie noch keine Glocken
führen durfte, hieß, der Grundstein gelegt, die, nach Gaetano
Chiaveris Plan von Sebastiani ausgeführt, an der Außenseite
von Lorenzo Mattielli durch 59 Bildsäulen nach Torelli's Zeich-
n#ungen, im Innern reich und doch edel ausgestattet und durch
des Hofmalers Raf. Mengs großes Altarbild geschmückt, mit
Recht als die genialste Schöpfung des neutitalienischen Stils
gepriesen wird. Aber inmitten aller Verirrungen des Zeit-
geschmacks wurde die bereits von August dem Starken ange-
bahnte großartige Entwicklung der dresdner Kunstsammlungen
der Wendepunkt, von dem an die deutsche Kunst im Anschanen
der unvergänglichen Meisterwerke früherer Kunstepochen sich zu
släutern und jener Befreiung von dem Kultus der Unnatur
zuzustreben begann, die endlich in Winkelmann zum völligen
Durchbruch kam. Die Antikensammlung wurde 1736 durch
die herculaneischen Frauenstatuen aus dem Nachlaß des Prinzen
Eugen vermehrt und, nachdem der König bereits 1743 Holbeins
Madonna in Venedig für 1000 Zechinen gekauft hatte, gelang