Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Die Universität Leipzig. 519 
Graf Manteuffel, der am liebsten den vertriebenen Wolf selbst 
für Leipzig gewonnen hätte, war ein feuriger Begünstiger von 
dessen Philosophie und schenkte, um die orthodoxen Theologen 
zu ärgern, der Universitätsbibliothek eine Anzahl wolfscher 
Schriften 1). Der andere Anstoß erfolgte durch die Philologie, 
die im Gegensatz zu Wittenberg, wo sie seit der Reformation 
allmählich wicher zu einem bloßen Nebemwerk der Theologie 
herabgesunken war, sich in Leipzig, namentlich seit Gesner, von 
solcher Beschränkung befreit und zu einer selbständigen Wissen- 
schaft entwickelt hatte. Leipzig wurde im eigentlichen Sinne 
die philologische Universität. Das Verdienst auf diesem Felde 
die Bahn gebrochen zu haben gebührt dem großen Philologen 
J. A. Ernesti aus Teunslädt, aufangs unter Gesners Rectorat 
Conrector, seit 1734 selbst Rector der Thomasschule, 1742 
außerordentlicher Professor der alten Literatur, 1756 ordent- 
licher Professor der Beredsamkeit, 1759 auch der Theologie, 
ein Mann, der auf die Universität und das höhere Schulwesen 
einen Einfluß geübt hat, wie seit Melanchthon kein anderer, 
der, wie er eigentlich zuerst das tiefere Verständniß der an- 
liken Schriftsteller erschloß und durch seine 1736 erschienenen 
Initia doctrinae solidioris dem Gymnasialunterricht seine blei- 
bende Grundlage gab, so auch der Theologie den Weg vor- 
zeichucte, den sie seitdem nicht wieder verlassen konnte, indem 
er auch für die Bibel, zunächst für den griechisch geschriebenen 
Theil derselben, die grammatische Interpretation als die allein 
zulässige an die Stelle der Philosophie setzte 7). Eine wesent- 
liche Ergänzung zu Ernesti bildete Joh. Fr. Christ (st. 1756), 
insofern er die Archäologie als besondere Wissenschaft von dem 
Studium der Antiquitäten zu sondern anfing und die bisher 
in Deutschland fast vernachlässigte bildende Kunst des Alter- 
thums zum Hauptgegenstande seines akademischen Unterrichts 
machte. Dankbar gedachte Heyne der von Christ empfangenen 
1) Danzel, Gottsched und seine Zeit (1848), S. 19. 
2) Seine erste darauf bezügliche Schrift: „Prolegomena pro gram- 
matica interpretatione librorum imprimis sanctorum “ (1750). — Vergl. 
Danzel, Lessing I, 64 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.