Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

42 Die Wittenberger. 
und 1570 der theologische Rathgeber des Kurfürsten war, 
ließen ihn absichtlich in dieser Unklarheit, und darum trifft sie 
mit vollem Rechte der Vorwurf, das schmerzliche Verhängniß, 
das später über sie und über die protestantische Kirche herein- 
brach, selbst verschuldet zu haben. Absichtlich verhüllten sie in 
den ihnen von August vor und nach dem naumburger Convente 
abgeforderten Bekenntnissen vom Abendmahl, in Ebers 1563 
erschienener Schrift De coena domini, ihre wahre Meinung 
hinter zweideutigen Ausdrücken, und der Kurfürst selbst er- 
leichterte ihnen durch sein Verhalten die Täuschung, die sie 
gegen ihn begingen. Entweder fehlte ihnen also die sittliche 
Kraft, um im Streite der Meinungen mannhaft und offen 
für die erkannte Wahrheit einzustehen, oder sie waren sich 
selbst der fundamentalen Abweichung von Luthers Abendmahls- 
lehre nicht mit hinreichender Klarheit bewußt. Wie hätten sie 
demnach in dem Kampfe mit Gegnern, die in ihrer schroffen 
Einseitigkeit wenigstens wußten, was sie verfochten, bestehen 
können! Zunächst war es ihnen genug, dem Kurfürsten die 
lberzeugung beigebracht zu haben, daß sie als gute Lutheraner 
von den Heidelbergern und Caldvinisten ebensoweit entfernt 
seien wie von den Flacianern, daß ihn daher kein Verdacht 
der Abtrünnigkeit von Luthers reiner Lehre treffen könne, wenn 
er sie schütze 1). Diesem Verfahren blieben sie selbst treu, als 
Anfang 1564 der Kurfürst von ihnen eine Censur des heidel- 
berger Katechismus forderte, durch welchen die reformirte 
Ketzerei zum ersten Male in einem der größeren Territorien 
zur Anerkennung gelangt war; ihr Urtheil lautete abfällig. 
Aber sie irrten sich, wenn sie daraus, daß der von dem leip- 
1) „Und weil wir bishero“, schreibt August 1. Januar 1566 an den 
Kurfürsten von der Pfalz, „und noch befinden, das den dingen mensch- 
licher weise kein rath zu finden, so haben wir es Gott bevohlen und 
wollen mit hülfe desselbigen dohin trachten, das wir in unserm landen, 
kirchen und schuelen reine unverfelschte lehre, wie die Got der allmechtige 
durch seinen werkzeng Doctor Luttern zu unsern zeiten widerumb offen- 
baren hat lassen und in der A. C. begriffen ist, erhalten.“ Kluckhohn 
a. a. O., S. 612.
	        
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