Die Restauration; die polnische Krone. 539
Friedrich Christians galt der Neform der Justizpflege, um sie
gegen die Verschleppung und Chicane zu schützen, welche haupt-
sächlich aus der Verschiedenheit der in Sachsen geltenden und
sich theilweise gegenseitig aufhebenden Rechte, des Civil= und
des Lehnrechts, des sächsischen und des kanonischen, entsprangen;
aber die Ausführung unterbrach sein frühzeitiger Tod 1). Selbst
die Kunst ging, Dank der ihr von der Kurfürstin gewidmeten
Verehrung, nicht leer aus, indem auf ihre Verwendung die
1697 gestiftete Malerschule nach einem vom Legationsrath Ch.
L. v. Hagedorn entworfenen Plane unter Erhöhung ihres Ein-
kommens auf 16000 Thaler zu einer Akademie der zeichnenden
und bildenden Künste erweitert wurde, welche nicht nur so
manchem aus dem Auslande herbeigerufenen und bezahlten
Künstler Beschäftigung geben, sondern auch den ÜUbergang von
Kunstsinn und Geschmack in das Volksleben, eine Einwirkung
der Kunst auf Gewerbe= und Fabrikwesen und Veredelung
desselben vermitteln sollte. Jedoch auch die Eröffnung dieses
Instituts, dessen erster Director v. Hagedorn selbst wurde,
erfolgte erst nach seines Stifters Tode, am 1. März 1764.
Inmitten dieser Arbeiten und Sorgen hatte der Kursürst
die polnische Krone von Anfang an nicht aus den Augen ver-
loren. Waren ja doch auch in dem Vertrage zu Verseilles
von 1758 Osterreich und Frankreich übereingekommen eine auf
einen Prinzen des Hauses Sachsen fallende Wahl gemeinsam
unterstützen zu wollen. Schon am 6. October fügte er der
Anzeige von dem Tode seines Vaters an den Primas von
Polen die Worte hinzu: „Ich habe den Vorsatz, der NRepublik
alle meine Sorgfalt und allen in meinen Kräften stehenden
Beistand anzubieten, falls selbige mir durch Auftragung der
Krone die Zügel der Regierung auvertrauen will, und ich
habe Ursache zu hoffen, daß, wenn die polnische Nation geneigt
ist mir dieses Merkmal ihrer Liebe und ihres Zutrauens zu
geben, alle benachbarten Mächte solches gern sehen werden“ ?).
1) Ferber, p. 33 8.
2) [Rauft] Polit. Historie von Thüringen, Meißen und Sachsen
oder: Der sächsische Patriot (1773), S. 730.